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Carotinoide (Karotinoide)

Carotinoide (Karotinoide) sind natürliche, fettlösliche Farbstoffe in Pflanzen (u.a. Kräutern, Obst, Gemüse, Getreide) mit wichtigen gesundheitlichen Wirkungen.

Fazit:

Carotinoide sind für die gelbe, orange und rote Färbung in Obst und Gemüse verantwortlich, kommen aber auch in grünen Gemüsesorten, Kräutern und Getreide vor. Sie wirken antioxidativ, entzündungshemmend und verringern u.a. das Risiko von Herzkrankheiten und bestimmten Krebsarten. Manche besitzen Provitamin-A-Aktivität und wandeln sich bei Bedarf in Vitamin A.

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Allgemeines

Pflanzen produzieren im Zusammenhang von primären und sekundären Stoffwechselprozessen bioaktive Verbindungen mit gesundheitswirksamen Eigenschaften für den Menschen. Carotinoide kommen in verschiedenen pflanzlichen Lebensmitteln reichlich vor. Sie spielen eine fundamentale Rolle bei biologischen, chemischen und physiologischen Lebensprozessen.

Die Artikel Nährstoffe umfassend erklärt, Sekundäre Pflanzenstoffe und Veganer essen oft ungesund bieten einen Überblick über die Klassifizierung von diversen Stoffgruppen, über ihr Vorkommen in bestimmten Pflanzen und Lebensmitteln sowie über mögliche positive gesundheitliche Wirkungen auf den Menschen - angereichert mit wertvollen Informationen zu vermeidbaren Ernährungsfehlern für eine umfassend gesunde Ernährung.

Grundlagen

Carotinoide (Karotinoide) gehören zu den ältesten bekannten Molekülen und sind eine sehr umfangreiche Stoffgruppe der sekundären Pflanzenstoffe. Sie entstanden vor etwa drei Milliarden Jahren und wirkten zunächst in den Zellmembranen als zellverstärkende, lange, kaum dreh- und formbare Lipidmolekülketten. Im Lauf der Evolution entwickelten Carotinoide über die strukturgebende Funktion hinaus in den Organismen weitere photosynthetische, lichtschützende und aromatische Funktionen.11

Die Wissenschaft entdeckte Carotinoide vor rund 200 Jahren in den Pigmenten der Karottenwurzel. Aktuell konzentrieren sich interdisziplinäre wissenschaftliche Studien vor allem auf die vielfältigen gesundheitsfördernden Wirkungen von Carotinoiden bei verschiedenen chronischen Krankheiten. Am bekanntesten ist wohl die Fähigkeit von gewissen Carotinen wie etwa dem β-Carotin, im Organismus in Vitamin A überzugehen. Vitamin A ist essenziell für Sehvermögen, Wachstum, Funktion und Aufbau von Geweben, Blut, Knochen sowie Stoffwechsel und Fortpflanzung.4,9,11

Chemische Eigenschaften und Biosynthese

Carotinoide gehören zu den Tetraterpenen. Sie bestehen aus acht wiederholten Isopreneinheiten mit zyklischen oder linearen Strukturen an beiden Enden der Kohlenstoffketten. Ihr jeweiliger Farbstoffcharakter beruht auf einem System zahlreicher konjugierter Doppelbindungen. Carotinoide sind chemisch instabil und neigen in Gegenwart von Licht, Wärme, Sauerstoff, Säuren und Metallionen zur Oxidation. Ferner sind sie wasserunlöslich. Als wichtige Lipochrome lösen sie sich jedoch in Fetten (sind also fettlöslich bzw. lipophil) und vergesellschaften sich im Organismus meist mit Fetten (Lipiden).4,5,11

Carotinoide teilen sich in die sauerstofffreien Carotine (z.B. α-Carotin, β-Carotin, γ-Carotin und Lycopin) sowie die mit Sauerstoff angereicherten Oxycarotinoide auf. Zweitere sind besser bekannt unter dem Namen Xanthophylle (z.B. Fucoxanthin, Lutein und Violaxanthin). Xanthophylle bilden Alkohole, Aldehyde, Ketone und Carbonsäuren. Carotine sind in organischen Lösungsmitteln (z.B. Ether und Hexan) hochlöslich und in polaren Lösungsmitteln (z.B. Alkohole) unlöslich. Bei den Xanthophyllen verhält es sich umgekehrt.4,5,11

Die Biosynthese der Carotinoide findet durch verschiedene komplexe miteinander verwobene Prozesse in den Chloroplasten statt. Verschiedene chemische Prozesse (Katalysen, Kondensationen, Umwandlungen) formen Lycopin aus Fettsäuren. Lycopin (Lykopin) kann sich zu α-Carotin und β-Carotin wandeln. Carotine produzieren Xanthophylle, so entsteht Lutein aus α-Carotin. Carotine wandeln sich ausserdem in Cryptoxanthin und Zeaxanthin. Aus Zeaxanthin entsteht Violaxanthin. Schliesslich entsteht Neoxanthin aus Violaxanthin. Diese chemischen Umwandlungen spiegeln sich in den natürlichen Reifungs- und Färbeprozessen wider4 (siehe auch nächstes Kapitel).

Funktionen in Pflanzen

Carotinoide absorbieren Licht in einem breiten Spektrum, hauptsächlich im blauen Wellenlängenbereich, und leiten die Lichtenergie zur Nutzung der Fotosynthese an das Chlorophyll weiter, um die fotochemischen Vorgänge der Fotosynthese in Gang zu setzen. Carotinoide sind in den Membranproteinen von Chloroplasten, Chromoplasten, Amyloplasten (Stärkespeicherplastiden) und Elaioplasten (Lipidspeicherplastiden) gespeichert. In Früchten, Blüten und Wurzeln befinden sich die Carotinoide in den Chromoplasten, während sie in Samen in den Amyloplasten bzw. Elaioplasten gespeichert sind. Xanthophylle finden sich frei in grünen Pflanzengeweben, in Früchten und Blüten kommen sie als Ester von Fettsäuren vor.5,11

Chromoplasten (von altgriechisch "chroma" = Farbe) entstehen häufig aus Chloroplasten. Die Umbildung beginnt, sobald die anfangs grünen Blüten und Früchte reifen. Das Chlorophyll verschwindet, die Feinstruktur ändert sich und Carotinoide und Fette reichern sich in feinen Tröpfchen an. Ähnliches spielt sich bei der Herbstfärbung der Blätter ab: Das Chlorophyll baut sich ab, die Carotinoide bleiben erhalten und bestimmen die Pigmentierung. Ergänzend dazu kommen Carotinoide auch an Proteine oder Zucker gebunden als wasserlösliche Derivate in Zellräumen (Vakuolen) vor. In gebundener Form sind Carotinoide stabiler, als wenn sie Licht, Luft und Oxidantien ausgesetzt sind. Für das Organ Blatt sind Carotinoide in allen Pflanzen lebenswichtig, während bei den Blütenblättern nur ein Teil der Pflanzenarten Carotinoide führt.5,11

Zu den Hauptfunktionen der Carotinoide gehören:11,8

  • Unterstützung des Photosyntheseprozesses (als lichtabsorbierende Pigmente im Photosynthesekomplex, die das Absorptionsspektrum der Chlorophylltypen a und b erweitern)
  • Absorption überschüssiger Lichtenergie und Ableitung durch Wärme
  • UV-schützende Wirkung vor Zellschäden
  • Bindung von freien Radikalen (antioxidative Eigenschaften)
  • Membranstabilisierung und Pflanzenwachstum
  • Anlocken von Bestäuberinsekten durch Farbpigmente
  • Farbpigmente in Tieren (u.a. Vogelfedern, Milch, Fischschuppen, Krustentiere)
  • Schutz der Netzhaut der Augen durch Blaulichtfilterwirkung
  • Interzelluläre Kommunikation durch Bildung von Connexin-Proteinen
  • Stimulation des Immunsystems und kognitiver Funktionen

Vorkommen in Lebensmitteln

Carotinoide sind nach dem Chlorophyll das zweithäufigste in der Natur vorkommende Pigment. Sie sind jedoch in allen Organismen durch die Nahrungskette präsent. Die Wissenschaft identifizierte bisher etwa 750 Carotinoide, davon sind 18 im menschlichen Organismus nachgewiesen11 (die zitierte Quelle ist von 2021). α-Carotin, β-Carotin, γ-Carotin, Lycopin, β-Cryptoxanthin, Lutein und Zeaxanthin kommen am häufigsten vor. Carotinoide, die in tierischen und menschlichen Organismen vorhanden sind, stammen grundsätzlich aus pflanzlichen Nahrungsquellen (wie Kräutern, Obst, Getreide und Gemüse) oder aus synthetischer Herkunft (z.B. Lebensmittelfarbe). γ-Carotin ist das Hauptcarotin bei allen grünen Pflanzen und Cyanobakterien. Allerdings können auch Blattläuse, Spinnmilben, gewisse Archaeen, Bakterien und Pilze Carotine produzieren - z.B. γ-Carotin die grünen Bakterien, Lycopin die Purpurbakterien. Bei den Xanthophyllen dominieren in Pflanzen und Grünalgen sowohl Lutein als auch Fucoxanthin, das Braun- und Kieselalgen ihre charakteristische Färbung verleiht.11

Quellen von für den Menschen wichtigen Carotinoiden sind:6,11

In den meisten Obst- und Gemüsesorten überwiegt im allgemeinen β-Carotin im Vergleich zu seinem geometrischen Isomer α-Carotin. Signifikant hohe Gehalte an α-Carotin finden sich in einer begrenzten Anzahl von Obst- und Gemüsesorten wie Bananen, Süsskartoffeln, Karotten, Kürbissen und dunkelgrünem Gemüse (wie etwa grünen Bohnen, Spinat und Brokkoli).1,4 Da sich α-Carotin in Lutein wandelt, sind Lutein (fast 45 %) und β-Carotin (25-30 %), gefolgt von Violaxanthin (10-15 %) und Neoxanthin (10-15 %), die vorherrschenden Formen von Carotinoiden in grünem Blattgemüse.11

Im Getreide sind Carotinoide wie Lutein, Zeaxanthin und Cryptoxanthin sowie α-Carotin und β-Carotin nachgewiesen, wobei der Gesamtgehalt an Carotinoiden im Mais deutlich höher ist als bei Hafer, Weizen oder Gerste. Bei den meisten Weizenarten macht Lutein mehr als 85 % der gesamten Carotinoidkonzentration aus.1

Neoxanthin (gelb) ist ein natürlicher Bestandteil von Gemüseblättern. Bixin ist die Hauptkomponente des Gewürzes bzw. Farbstoffs Annatto und ist für die rotbraune Färbung verantwortlich. Crocin färbt Safran gelb. Einige Carotinoide finden sich nur in Algen und Meeresfrüchten. So kommt Astaxanthin natürlich in Mikroalgen der Art Haematococcus pluvialis und als Stoffwechselprodukt im Krill16 vor. Dieses Carotinoid bewirkt über die Nahrungsaufnahme (Nahrungskette) die typische Färbung von Garnelen, Lachs und Flamingofedern.4

Mengenangaben zum Vorkommen von Carotinoiden in verschiedenen pflanzlichen Lebensmitteln finden Sie in den Nährstoffvergleichen zu den Zutaten. Richtwerte zur Einstufung von pflanzlichen Lebensmitteln auf der Grundlage ihres Gehalts an Carotinoiden teilen sich in folgende Kategorien: niedriger Gehalt (0–100 μg/100g), mässiger Gehalt (100–500 μg/100g), hoher Gehalt (500–2000 μg/100g) und sehr hoher Gehalt (>2000 μg/100g).1,4 In der erwähnten Tabelle (Nährstoffvergleiche für Zutaten) sind viele frische und teilweise auch getrocknete Kräuter (wie Petersilie, Basilikum, Koriander u.a.) als sehr carotinoidreiche Lebensmittel ausgewiesen. Das bestätigen einige Studien13,14 (auch für frisches Dillkraut und Kerbel15); nach unseren Informationen sind solche Forschungen jedoch eher selten.

Verschiedene Faktoren - wie etwa Sorte, Genotyp und Reifestadium sowie Erntezeit, Wachstumsbedingungen, Nacherntebehandlung, Handhabung, Lagerbedingungen, Pflanzenkrankheiten und klimatische Bedingungen - beeinflussen die Zusammensetzung und den Gehalt von Carotinoiden in Lebensmitteln. Verschiedene Teile derselben Pflanze können auch unterschiedliche Arten und Mengen von Carotinoiden enthalten: So ist die Schale von Früchten im Allgemeinen reicher an Carotinoiden als das Fruchtfleisch.4

Aufnahme im menschlichen Organismus und Bioverfügbarkeit

Von den etwa 750 bekannten Carotinoiden absorbiert und metabolisiert der menschliche Organismus etwa 40 bis 50. Das Zerkauen der Nahrung und die Wirkung von Enzymen im Verdauungsprozess setzen Carotinoide aus der Nahrung frei. Dies dient der Einlagerung von Carotinoiden in die Mizellen. Mizellen sind in Wasser kugelförmig angeordnete, zusammengeschlossene Lipide. Gallensalze ermöglichen die Bildung von Mizellen, indem sie helfen, Lipide aufzuschliessen. Dies führt zur Verdauung und Aufnahme von Nahrungssubstanzen wie etwa von Carotinoiden. Lipasen sind Enzyme, die diesen Prozess unterstützen, indem sie Lipide in kleinere Moleküle aufspalten.9

Die Umwandlung von β-Carotin zu Vitamin A erfolgt in den Zellen der Dünndarmwand. Überschüssige Carotinoide gelangen über den Blutkreislauf in andere Gewebe wie etwa Fettgewebe, Haut- und Unterhautgewebe (Carotin- und Xanthophyll-Reserven), Gelbkörper in der Netzhaut (Lutein, Zeaxanthin und Mesozeaxanthin), Bauspeicheldrüse und Gefässendothel.9

Die Beschaffenheit der Lebensmittel wirkt sich stark auf die Bioverfügbarkeit von Carotinoiden aus. Studien berichten, dass die Bioverfügbarkeit von β-Carotin in rohen Lebensmitteln eher gering ist, da Carotinoide an Proteinkomplexe, Fasern und Zellwände gebunden sind, um sie resistent gegen Verdauung und Abbau zu machen und ihre Freisetzung einzuschränken.4 Lösliche Ballaststoffe schränken möglicherweise die Bioverfügbarkeit von Carotinoiden ein, da sie die Viskosität des Magen-Darm-Inhalts, die Grösse der Lipidtröpfchen, die Verfügbarkeit von Gallensalzen und die enzymatische Lipolyse von Triglyceriden beeinflussen.

Eine Verbesserung der Bioverfügbarkeit kann gemäss mehreren Studien durch gleichzeitige Mineralienzufuhr, Verringerung von Ballaststoffen, Freisetzung des Zellinhalts, Erweichen von Pflanzenmaterial und Verringerung der Wechselwirkungen zwischen Carotinoiden und anderen Nahrungsbestandteilen erfolgen.3,4,6 Das bedeutet, dass die durchdachte Zubereitung bzw. die Art der Konsumation die Aufnahme von Carotinoiden merklich erhöhen kann. Erwiesenermassen steigern Faktoren wie Zerkleinern, Kochen oder Fettzugabe ihre Zugänglichkeit und damit auch ihre Resorption.17 Dabei spielt die Zerkleinerung die grösste Rolle.17,18

Zwar erhöht das Fett in jedem Fall die Carotinoidaufnahme aus Nahrungsmitteln; doch ist es wesentlich effizienter, die Nahrungsmittel stark zu zerkleinern (gut zerkaut, püriert etc.). Das Kochen hilft, die Zellwände zu destabilisieren, und trägt somit auch zur Verfügbarkeit bei; es zerstört allerdings im gleichen Zug hitzesensitive Inhaltsstoffe wie viele B-Vitamine oder Vitamin C.18,20

Bei der Fettzufuhr genügen natürliche Fette wie Nüsse (Macadamia, Walnüsse etc.) oder Avocado.18,19 Zusätzliches Öl oder sogar Butter sollten Sie vermeiden, da sie keine besseren Resultate in Bezug auf die Bioverfügbarkeit erzielen und mehr Schaden als Nutzen anrichten. Zahlreiche wissenschaftliche Publikationen beachten diese Fakten jedoch nicht und fokussieren nur auf das Thema Öl: So unterstreichen Studien, dass die Plasmakonzentrationen von Lycopin und Zeaxanthin steigen, wenn die Aufnahme von Carotinoiden mit Pflanzenölen (Distelöl) als Trägersubstanz erfolgt. Ähnlich zeigte sich in einer Studie die Wirkung von Sojabohnenöl auf die Absorption und Bioverfügbarkeit von Carotinoiden aus Spinat, Salat, Karotten und Tomaten. Die Plasmakonzentrationen von α-Carotin, β-Carotin, Lutein und Lycopin stiegen mit zunehmender Konzentration des Sojaöls.4

Verpackungs- und Verarbeitungsmethoden (wie etwa thermische Behandlung und verschiedene Trocknungsprozesse) verschlechtern den Gehalt an Carotinoiden erheblich. Bei den meisten Gemüsesorten verringert Trocknen den Carotinoidgehalt um 10-20 %, Pulverisieren hat weitere Verluste zur Folge - sowie Autooxidation, hohe Temperaturen, Licht und Luft. Thermische Verarbeitung führt aufgrund möglicher trans-zu-cis-Isomerisierung von β-Carotin und Lutein zu ihrem Abbau. Dies bei einer Reihe von Untersuchungen über Obst- und Gemüsesorten wie Erbsen, Brokkoli, Grünkohl, Spinat und Mais.4,7

Obwohl die Wärmebehandlung den Carotinoidgehalt senkt, steigt die Konzentration einiger Carotinoide durch Erwärmung (z.B. Lycopin), da sich die Strukturen der Protein-Carotinoid-Komplexe verändern. Studien zeigen, dass Lutein- und β-Carotin-Gehalte in verschiedenen Gemüsesorten durch Kochen eher steigen und durch Dämpfen eher sinken. Violaxanthin- und Neoxanthin-Gehalte reduzieren sich durch Kochen etwas weniger als durch Dämpfen. Weitere Studien sind hier nötig, um die Natur der verschiedenen Carotinoide bei thermischen Behandlungen zu erforschen.2,3,4

Ebenso beeinflussen klimatische und geografische Komponenten den Carotinoidgehalt. Untersuchungen deuten darauf hin, dass Früchte, die hohen Temperaturen und stärkerer Sonneneinstrahlung ausgesetzt sind, die Carotinoid-Biosynthese verbessern, um die Pflanze vor Photooxidation zu schützen.4

Nahrungsergänzungsmittel und Zusatzstoffe

Die Herstellung von β-Carotin und den meisten anderen Carotinoiden ist heute vergleichsweise günstig. Die Lebensmittelindustrie verwendet einige Carotinoide (E160) zur Färbung und Zubereitung von Lebensmitteln, Erfrischungsgetränken, Säften, Butter, Konserven, Marmelade und Gebäck; ebenso kommen Violaxanthin und Astaxanthin (E161j) als Beigabe in Tierfutter zum Einsatz sowie Lutein (E161b) und Canthaxanthin (E161g, z.B. aus Pfifferlingen), um das Fleisch von Zuchtlachsen zu färben oder die Farbe von Eidottern zu verbessern.

Die Gewinnung des Lebensmittelzusatzstoffs Beta-Carotin (E160a) erfolgt etwa aus Karotten, während Annatto (Synonym: Bixin, Norbixin, E160b) aus dem Annattostrauch (Bixa orellana - aus Peru / Brasilien, also Neotropis) kommt.6,9 Das Carotinoid Lycopin (E160d, Syn.: Lycopen, Leukopin) findet man in hohen Konzentrationen in Tomaten und Hagebutten, Zeaxanthin (E161h) stellt man häufig synthetisch her oder extrahiert es aus zeaxanthinreichen Pflanzenteilen und Algen, u.a. aus den Blütenblättern der Studentenblumen bzw. Tagetes (Tagetes L.).

Weitere verwendete Carotine sind α-, β- und γ-Carotin und Capsanthin (E160c, Haupt-Carotinoid roter Paprikafrüchte, wie auch Capsorubin). Aber auch Xanthophylle wie Flavoxanthin (bis 1994 als E161a zugelassen, z.B. aus Löwenzahnblüte), Cryptoxanthin (z.B. aus Orangen), Rubixanthin (bis 1994 als E161d zugelassen, z.B. aus Hagebutten) und Rodoxanthin (bis 1994 als E161f zugelassen).

In der pharmazeutischen Technologie verwendet man Carotine zum Färben von Dragees, Kapseln, Suppositorien, Salben und Emulsionen. In medizinische Behandlungen wirkt reines β-Carotin als Arzneistoff zur systemischen Behandlung von Hauterkrankungen als Begleitmedikation bei der Verabreichung phototoxischer Pharmaka und zur Vermeidung chronischer Lichtschäden, Gewebeveränderungen und Geschwülsten. Canthaxanthin kommt in Bräunungsmitteln vor.6,9

Die Verwendung von Carotinoiden in der Lebensmittelindustrie ist jedoch aufgrund ihrer geringen Wasserlöslichkeit, Bioverfügbarkeit und schnellen Freisetzung begrenzt. Verkapselungsverfahren verbessern die Stabilität, Löslichkeit und Bioverfügbarkeit von Carotinoiden. Die Lebensmittelindustrie setzt diese Technik seit mehr als 60 Jahren ein, um Lebensmittelzutaten, Enzyme, Zellen oder andere funktionelle Verbindungen in kleinen Kapseln zu verpacken; mit dem Ziel, sie vor Umwelteinflüssen zu schützen, ihre Haltbarkeit zu verlängern oder um Eigenschaften von Bestandteilen wie unerwünschten Geschmacksstoffen zu überdecken.4

Überdosierung kann zu einer Hypercarotinämie (Gelbfärbung der Haut) führen, die durch Absetzen der Carotinzufuhr reversibel ist. Möglicherweise erhöht die Einnahme von β-Carotin durch RaucherInnen mit einer Vorgeschichte von Myokardinfarkten das Risiko für tödliche Herzerkrankungen. β-Carotin gilt aber als weitgehend unbedenklicher Stoff.4,5

Gesundheitliches Wirkungsspektrum

Forschungen bestätigen weitreichend die zahlreichen positiven gesundheitlichen Eigenschaften von Carotinoiden, wie z.B. ihre antioxidativen, antitumoralen, antidiabetischen sowie alterungshemmenden und entzündungshemmenden Wirkungen. Geschätzt sind v.a. die Wirkungen der Provitamin-A-Carotinoide. Aus etwa 50 der etwa 750 bekannten Carotinoide entstehen durch Spaltungsprozesse Substanzen mit Provitamin-A-Eigenschaften wie α-, β- und γ-Carotin sowie β-Cryptoxanthin. Weitere sind Sapotexanthin, Cryptocapsin und β-apo-8'-carotinal (Beta-apo-8'-Carotinal). Provitamin-A-Aktivität besitzen nur Carotinoide mit einem β-Ionenring, der in Carotinoiden wie Lycopin, Lutein und Zeaxanthin nicht vorhanden ist.4

Vitamin A existiert als Retinal, Retinol und Retinsäure. Das Vitamin ist unerlässlich für den Erhalt des Sehvermögens, die Modulation der Genexpression, die Förderung der Embryonalentwicklung und die Fortpflanzung, ferner für Zellwachstum und Zelldifferenzierung, Stärkung des Immunsystems, Stimulierung der Stoffwechselprozesse im Magen-Darm-Trakt und Verringerung des Krebsrisikos.4

Hervorzuheben sind die antioxidativen Eigenschaften aller Carotinoide, insbesondere der β-Carotine, α-Carotine, von Zeaxanthin, β-Cryptoxanthin, Canthaxanthin, Astaxanthin, Lutein und Lycopin. Als Antioxidantien verlangsamen, hemmen oder verhindern sie die Oxidation von Molekülen und schützen Zellen, Gewebe und Organe vor Schäden durch freie Radikale. Lycopin zeigt aufgrund seiner langkettigen Doppelbindungen besondere Wirksamkeit gegen und Schutz vor oxidativem Stress.1,4 Die höchsten Konzentrationen von Lycopin misst man beim Menschen in Nebennieren, Leber, Hoden und Prostata. Tumore müssen neue Blutgefässe aus vorbestehenden schaffen (Angiogenese; diese ist wichtig für die Vaskularisierung und das Wachstum von Tumoren). Lycopin behindert diesen Prozess in dem Mass, dass man es für ein vielversprechendes Forschungsobjekt im Dienst der Krebstherapie hält.12

Carotinoide aktivieren bestimmte Gene, welche die Produktion eines Proteins (Connexin) steuern, das Bestandteil von Zellkommunikationsstrukturen ist. Über diese Verbindungen tauschen Zellen Signale und Botenstoffe aus, um das Wachstum der Zellen zu regulieren. In Krebszellen findet dieser Signalaustausch nicht mehr statt. Die Anwesenheit von α- und β-Carotin, Zeaxanthin, Lutein oder Lycopin unterdrückt die Umwandlung von vorgeschädigten Zellen in Krebszellen. Die entzündungshemmende Eigenschaft dieser Carotinoide bewirkt damit einen günstigen Einfluss in der Kanzerogenese. Carotinoidzufuhr bzw. Carotinoidkonzentration im Blut zeigen positive Wirkungen bei Krebserkrankungen von Lunge, Prostata, Speiseröhre, Gebärmutterhals, Eierstock, Brust, Magen und Dickdarm. Studien stellten auch positive Synergien zwischen Carotinoiden und phenolischen Verbindungen durch eine verbesserte antioxidative Wirkung in Organismen fest.1,5,9

Die Ergebnisse verschiedener Interventionsstudien mit β-Carotin legen allerdings nahe, dass diese Beziehungen nicht unbedingt kausaler Art sind. Möglicherweise ist β-Carotin hierbei eher als Indikator einer obst- und gemüsereichen Ernährung zu sehen, die insgesamt durch ihren Gehalt an sekundären Pflanzenstoffen, Vitaminen und Mineralstoffen krebspräventiv wirkt. Auch für α-Carotin, Lutein, Lycopin, Zeaxanthin und β-Cryptoxanthin liegen derartige Hinweise vor. So könnte ein ausreichender Verzehr von Carotinoiden mit einem geringeren Risiko für Herz-, Knochen-, Haut- und Augenerkrankungen einhergehen.1,9

Bei der Veränderung von Carotinoiden zur Behandlung von Diabetes ist der Wirkmechanismus zwar noch unklar, doch die antioxidative Wirkung spielt dabei neben anderen Prozessen eine zentrale Rolle. Carotinoidreiche Ernährung senkt das Risiko für Kniearthrose, Osteoporose, Arthritis und stimuliert das Knochenwachstum. Umfassende Studien belegen die präventive Wirkung von Lycopin auf Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Klinische Studien zeigen, dass Lycopin den Gesamtcholesterinspiegel senkt. Neuere Studien belegen die Rolle von Carotinoiden als Immunregulatoren in Form von Therapeutika bei Virusinfektionen wie COVID-19 und HIV. Diesbezüglich ist jedoch die Durchführung von weiteren Studien zur Bestätigung nötig.1,4,8

Man diskutiert kontrovers, ob auch synthetisierte oder von der Pflanze entfernte sekundäre Pflanzenstoffe inklusive der meisten Carotinoide gesundheitliche Wirkungen zeigen. Jedenfalls eignen sich Carotinoide durch ihre grosse strukturelle Vielfalt und Verbreitung ausgezeichnet als Biomarker. So erfassen Untersuchungen die tägliche Aufnahme von Gemüse durch Messen der Menge an Carotinoiden im Blut bzw. in Ausscheidungsprodukten.4

Zusammenfassung

Carotinoide sind für Pflanzen von grundlegender Bedeutung und erfüllen vielfältige Funktionen bei der Fotosynthese, dem Lichtschutz, der Farbgebung, der Phytohormonsynthese und der Signalübertragung. Auch für den Menschen bieten Carotinoide als sekundäre Pflanzenstoffe zahlreiche gesundheitsfördernde Potenziale und sind als Vorstufen der Vitamin-A-Synthese und als Antioxidantien in der Nahrung entscheidend. Sie helfen wesentlich, oxidativen Stress zu mindern und das Risiko verschiedener Krankheiten zu verringern. Carotinoide sind vor allem in Obst und Gemüse enthalten, jedoch auch in Kräutern sehr gut vertreten.

Trotz der komplexen Thematik gilt in der Praxis: Bevorzugen Sie eine abwechslungsreiche, pflanzenbasierte und saisonal orientierte Ernährungsweise mit möglichst unverarbeiteten Bio-Lebensmitteln. So profitieren Sie optimal von den vielfältigen positiven Effekten der sekundären Pflanzenstoffe. Pflanzliche Lebensmittel sollten wir möglichst roh und unverarbeitet essen bzw. auf eine schonende Art und Weise zubereiten, um ihr nährendes Potenzial voll auszuschöpfen. Beachten Sie bei den Carotinoiden unsere zusätzlichen Zubereitungs- und Verzehrtipps für eine optimale Bioverfügbarkeit. Da sich die sekundären Pflanzenstoffe oft in den Randschichten befinden, schälen Sie Gemüse und Obst mit Bedacht. Beachten Sie als VeganerIn oder auch als OmnivorIn den Beitrag Veganer essen oft ungesund.Vermeidbare Ernährungsfehler. Viele unserer neu bearbeiteten Lebensmittelbeschreibungen liefern Ihnen gezielt Hinweise darauf, welche der genannten Stoffe am prominentesten in der besprochenen Zutat vertreten sind.

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