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Hafer (Saat-Hafer, Echter, roh? bio?)

Entdecken Sie vielseitige Verwendungsmöglichkeiten von Hafer in der Küche, die allfällige Saison, Preise und gesundheitliche Vorteile. Erfahren Sie mehr über wichtige Nährstoffe, sekundäre Pflanzenstoffe, Anbau und Ökobilanz.

Dieses Lebensmittel gilt vielen als roh, z.B. weil es so aussieht. Es ist aber in den allermeisten Fällen nicht roh! Meist weil der Gewinnungsprozess Erhitzung benötigt, den man nur mit viel höherem Aufwand anders erreichen kann - oder weil man das Nahrungsmittel pasteurisiert. Zumindest einer dieser Gründe trifft hier zu.

Ist das Produkt als roh deklariert, kann es auf dem Weg zu Ihnen mit billigerem Verfahren gewonnenem vermischt worden sein. Je nach Produkt kann man von Auge oder Geschmack her nicht unterscheiden.

Übrigens: Rohköstler sollten beachten, dass es auch Lebensmittel gibt, die wohl roh sind, doch roh giftig wirken - oder roh nur eingeschränkt geniessbar sind. Diese zeichnen wir anders aus.

8%Wasser 74Makronährstoff Kohlenhydrate 73.58%/19Makronährstoff Proteine 18.75%/08Makronährstoff Fette 7.66% 

Die drei Verhältniszahlen zeigen den prozentualen Gewichtsanteil der Makronährstoffe (Kohlenhydrate / Proteine / Fette) der Trockensubstanz (exkl. Wasser).  In der Sprache Englisch sind Ballaststoffe als Bestandteil des Kohlenhydrat-Anteils gerechnet. Die Umrechnung von Gewicht in kcal erfolgt nach dem von der USDA verwendeten "Atwater system". 

Davor ersehen Sie den Wasseranteil, gerundet auf ganze %.

Ω-6 (LA, 2.4g)Omega-6-Fettsäuren wie Linolsäure (LA) : Ω-3 (ALA, 0.1g)Omega-3-Fettsäuren wie Alpha-Linolensäure (ALA) = 22:1

Verhältnis Omega-6 zu Omega-3-Fettsäuren soll insgesamt 5:1 nicht überschreiten. Link zu Erklärungstext.

Hier essenzielle Linolsäure (LA) 2.42 g zu essenzieller Alpha-Linolensäure (ALA) 0.11 g = 22:1.
Verhältnis Total Omega-6- = 2.42 g zu Omega-3-Fettsäuren Total = 0.11 g = 22:1.
Im Durchschnitt benötigen wir pro Tag je ca. 2 g LA und ALA, aus denen ein gesunder Körper auch EPA und DHA etc. herstellt.

Saat-Hafer (Avena sativa), auch Echter Hafer genannt, ist ein nährstoffreiches Getreide, das nicht nur als ganzes Korn Einsatz findet. Aber beachten Sie: Dieses Spelzgetreide ist meist nicht roh, häufig nicht mal das volle Korn! Der nussige Geschmack intensiviert sich durch das Erhitzen. In Bio-Qualität erhältlich.

Verwendung in der Küche

Aus Saat-Hafer entstehen verschiedenste Erzeugnisse, wie z.B. Haferflocken, Haferkleie, Hafermehl, Cerealien, Haferdrinks oder Hafersahne. Die Verwendung von Hafermehl im Brot ist begrenzt, da dieses Getreide kein Klebereiweiss (Gluten) enthält. Für Haferkekse oder Cookies ist es geeignet. Whisky aus Hafer ist in manchen Regionen beliebt und Haferbier war im Mittelalter gängig.

Hafer können Sie ähnlich wie Reis kochen, nachdem Sie ihn über Nacht in Wasser eingeweicht haben. Echter Hafer schmeckt gekocht als Beilage, gemischt mit Gemüse, als "Risotto" oder als Einlage in Suppen und Eintöpfen. Hafer-Auflauf, Puffer oder Laibchen lassen sich z.B. zusammen mit Kartoffeln herstellen. Hafer bereichert als Flocken gewälzt (Englisch: oat porridge) Ihr morgendliches Müesli (Müsli).

Die Kombination mit viel Fett, Salz oder Zucker kann auch Hafergerichte ungesund machen. Achten Sie daher auf eine zucker-, fett- und salzreduzierte Kost. Probieren Sie doch mal unsere Rezepte mit Hafer oder aus Hafer-Produkten. Allerdings hat Hafer ein schlechtes Verhältnis zwischen den essenziellen Omega-6- und Omega-3-Fettsäuren (22:1) – sogar in einer grösseren Menge als z.B. Weizen, Dinkel etc.

Veganes Rezept für Rohkost-Hafersalat

Zutaten und Zubereitung (für 3 Personen): 100 g Haferkörner (roh) ca. 30 Minuten kochen (Nackthafer über Nacht einlegen). Eine halbe rote Zwiebel, eine Gemüsepaprika und ca. ein Viertel einer Salatgurke mit dem gekochten Hafer mischen. Mit Apfelessig, (ev. Rapsöl), wenig Salz, Kräutern und Pfeffer abschmecken. Etwas Chili verleiht dem Hafersalat eine spannende Schärfe. Der Salat schmeckt sowohl lauwarm als auch kalt.

Vegane Rezepte mit Hafer finden Sie auch unter dem Hinweis: "Rezepte, die am meisten von dieser Zutat haben".

Nicht nur Veganer oder Vegetarier sollten das lesen:
Veganer essen oft ungesund. Vermeidbare Ernährungsfehler
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Einkauf - Lagerung

Aufgrund der längeren Haltbarkeit erhitzten HerstellerInnen Saat-Hafer (Korn und Flocken) fast immer. Machen Sie sich bewusst, ob Sie normalen Saat-Hafer oder Nackthafer kaufen möchten. Nackthafer (Avena nuda) ist nur locker mit Spelzen umhüllt und es ist kein Entspelzungsvorgang notwendig. Nackthafer ist etwas schwieriger zu bekommen, da er anfälliger für Pilzkrankheiten ist und kleinere Erträge bringt. Die Spelze hält beim Echten Hafer (Avena sativa) sehr gut, daher ist ein relativ aufwendiges Verfahren zur Schälung nötig. Durch eine Vorbehandlung mit Hitze gestaltet sich der Schälprozess einfacher.1 Lesen Sie mehr zu den möglichen Verfahren unter dem Punkt 'Industrielle Herstellung'.

Möchten Sie nun unerhitzten, rohen und keimfähigen Hafer kaufen, achten Sie beim Kauf auf die Bezeichnung 'Nackthafer' oder 'Spriesskornhafer'. Die Mühle Donath bestätigte uns, dass ihr 'Spriesskornhafer' eine Eigenzüchtung (Sorte) von der Art Avena nuda ist. Sie finden diese Qualität kaum in normalen Supermärkten wie Coop, Migros, Denner, Volg, Spar, Aldi, Lidl, Rewe, Edeka, Hofer, Billa, DM etc. Aber Reformhäuser, Bioläden (wie z.B. Denn's Biomarkt, Alnatura) oder Unverpacktläden führen Nackthafer meist im Sortiment. Oft weisen sie ihn auch unter "keimfähiger Hafer" oder "Hafer in Rohkostqualität" aus. In Online-Shops finden Sie biologisch produzierten Saat- und Nackthafer. Wenn möglich, bevorzugen Sie regionalen Hafer und Bio-Qualität.

Mit "ungeschält" kann auch der Saat-Hafer gemeint sein, dann enthält er aber noch die Spelzen und ist so nicht essbar. In Verpackungen, auf welchen nur "Hafer" deklariert ist, ist fast immer entspelzter Saat-Hafer enthalten und dieser ist häufig nicht roh.

Hafer ist grundsätzlich ganzjährig erhältlich.

Die Verfügbarkeit von Saat-Hafer ist je nach Grösse des Ladens, Einzugsgebiet etc. unterschiedlich. Unsere erfassten Lebensmittelpreise für die D-A-CH-Länder finden Sie oben unter dem Zutatenbild - und mit Klick deren Entwicklung bei verschiedenen Anbietern.

Wild zu finden

Unter dem Trivialnamen 'Wildhafer' ist nicht nur eine Pflanze zu verstehen, sondern mehrere verschiedene Pflanzenarten: Der Taub-Hafer, oder Tauber Hafer (Avena sativa ssp. sterilis) ist in Südwestasien beheimatet. Der Flughafer (Avena sativa ssp. fatua), ist auch als Windhafer bekannt und kann sich aufgrund der nahen Verwandtschaft mit dem Kulturhafer kreuzen. Dies stört in der Landwirtschaft viele Saatguterzeuger, weil sich der Flughafer als Unkraut stark ertragsmindernd auswirkt. ForscherInnen vermuten, dass Flughafer aus Saat-Hafer entstanden ist. Er wächst in ganz Europa und Asien.3

Tipps zur Lagerung

In einem trockenen Raum können Sie Hafer in einer Papiertüte (häufig innen mit Folie beschichtet) lagern. Achten Sie aber auf unliebsame Insekten (z.B. Motten). Sind Sie sich bezüglich der Raumfeuchtigkeit nicht sicher, ist es ratsam, die Haferkörner in einen luftdichten Behälter umzufüllen, ggf. mit Trockenmittelbeutel. So hält auch Nackthafer mehrere Jahre.

Inhaltsstoffe - Nährwerte - Kalorien

Zusammensetzung und Menge der Inhaltsstoffe, inkl. sekundäre Pflanzenstoffe, variieren extrem je nach Sorte, Wachstumsbedingungen und Verarbeitungsmethoden etc.

Hafer hat einen Nährwert von 389 kcal/100g und ist im Vergleich zu anderen in Mitteleuropa gängigen Getreidearten ein sehr nährstoffreiches Getreide. Hafer enthält viel Kohlenhydrate (66 %), Eiweiss (17 %) und Fett (6,9 %). Das enthaltene Eiweiss (13 %) setzt sich zu einem grossen Teil aus essenziellen Aminosäuren zusammen.4 Der Fettanteil ist dreimal so hoch wie beim Weizen und mehr als doppelt so hoch wie beim Dinkel. Das Hafereiweiss ist ernährungsphysiologisch bedeutsamer als das des Weizens.5

An Mineralstoffen weist Echter Hafer hohe Mengen an Mangan auf. 100 g enthalten 4,9 mg, das macht 246 % des Tagesbedarfs aus. Pekannüsse (roh) haben ähnlich viel und Pinienkerne, roh haben mit 8,8 mg – 100 g decken 440 % des Tagesbedarfs – sehr viel Mangan.4

Der mengenmässig zweitbedeutendste Mikronährstoff im Saat-Hafer ist die essenzielle Aminosäure Tryptophan.4 Mit 100 g Saat-Hafer decken Sie bereits 94 % Ihres Tagesbedarfs ab (0,23 g Tryptophan). Noch höhere Konzentrationen finden sich in Kürbiskerne, getrocknet, roh (0,59 g/100g) oder Hanfsamen, ungeschält, roh (0,45 g/100g).

Thiamin (Vitamin B1) kommt mit 0,76 mg/100g zu einem nennenswerten Anteil vor und deckt ca. 70 % des Tagesbedarfs. Sesam hat einen ähnlichen Gehalt des B-Vitamins und Reisflocken decken mit 1,5 mg/100g sogar 136 % des Tagesbedarfs.4

Neben Magnesium, Folat (Folsäure), Kalium, Zink, ist auch Eisen zu 4,9 mg in Hafer enthalten. 100 g decken hier 34 % des Tagesbedarfs. Um die Aufnahme von Eisen aus einer pflanzlichen Quelle zu erhöhen, ist es sinnvoll, eine Vitamin-C-Quelle zu ergänzen. Denn Ascorbinsäure ermöglicht eine Reduktion von Fe3+ zu Fe2+ und so können die Blutkörperchen das Eisen gut aufnehmen.6

Zudem enthält Hafer Phytosterine, Alkaloide, Avenanthramide (sek. Pflanzenstoffe), Kieselsäure und Linolsäure. β-Glucan, ein löslicher Ballaststoff, ist zu 2–6 % im Hafer enthalten.7 Mehr dazu im folgenden Abschnitt.

Die gesamten Inhaltsstoffe von Hafer, die Abdeckung des Tagesbedarfs und Vergleichswerte mit anderen Zutaten finden Sie in unseren Nährstofftabellen. Im Artikel Nährstoffe umfassend erklärt bekommen Sie einen detaillierten Einblick in das Thema.

Wirkungen auf die Gesundheit

Hafer gilt als gesundes und günstiges Nahrungsmittel und ist nicht nur für Sportler ein Superfood. Die enthaltenen Ballaststoffe, Proteine (Aminosäuren) und Polyphenole helfen, das Immunsystem zu stärken und Entzündungsreaktionen zu regulieren.8

β-Glucane (Beta-Glucane) sind unverzweigte Polysaccharide und liegen in Hafer als unlösliche und lösliche Ballaststoffe vor. Diese Beta-Glucane kommen vor allem im Endosperm und in der Zellwand der Aleuronschicht vor. Beta-Glucane erhöhen die Viskosität des Darms und verkürzen die Transitzeit des Darminhalts, was sich positiv beim Abnehmen auswirkt. Dies hat auch Einfluss auf den Blutzuckerspiegel und reduziert dadurch die insulinämische Reaktion bei Diabetes. Auch die positiven Wirkungen auf die Blutfettkonzentration und den damit zusammenhängenden ausgeglicheneren Cholesterinspiegel (für LDL und HDL) sind hier zu nennen.7 Haferkleie kann den Blutcholesterinspiegel nachweislich senken.10 Aber auch Weizenkleie, die vorwiegend unlösliche Ballaststoffe enthält, hat einen positiven Effekt auf den Blutfettgehalt.11

Wissenschaftliche Studien belegen, dass ein hoher Ballaststoffanteil in der Nahrung zur Krankheitsprävention beiträgt. β-Glucan aus Hafer hilft gegen Bluthochdruck, Fettstoffwechselstörungen, koronare Herzkrankheiten und soll das Risiko, an Krebs zu erkranken, reduzieren und die Qualität von Chemotherapien unterstützen.9

Das lang anhaltende Sättigungsgefühl verhindert Heisshungerattacken. Integrieren Sie z.B. Vollkorn-Haferflocken in den täglichen Speiseplan (z.B. 50-100 g), können Sie über einen längeren Zeitraum (mind. 1 Jahr) durchaus Abnehmerfolge erzielen.12

Sekundäre Pflanzenstoffe

Viele gesundheitliche Wirkungen von Saat-Hafer kann man auf die enthaltenen sekundären Pflanzenstoffe zurückführen. Unser Artikel über sekundäre Pflanzenstoffe bietet einen Überblick über die Klassifizierung der Stoffgruppen, das Vorkommen in Lebensmitteln und mögliche Wirkungen auf den Menschen.

Saat-Hafer enthält u.a. folgende sekundäre Pflanzenstoffe:7

  • Isoprenoide: Triterpene (Phytosterole)
  • Polyphenole: Phenolsäuren: Hydroxybenzoesäure (Protocatechusäure, Syringasäure, Vanillinsäure, p-Hydroxybenzoesäure, Gallussäure), Hydroxyzimtsäuren (p-Cumarsäure, o-Cumarsäure, Kaffeesäure), Lignane, Avenanthramide
  • Sonstige Pflanzenstoffe (inkl. Protease-Inhibitoren): Phytinsäure

Polyphenole und Avenanthramide in Hafer wirken als starke Antioxidantien, die reaktive Sauerstoffspezies (ROS) neutralisieren und so Zellschäden durch oxidativen Stress verhindern. Diese antioxidative Aktivität trägt zur Aufrechterhaltung der Zellgesundheit bei und kann das Risiko für chronische Krankheiten wie Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Krebs verringern.7

Avenanthramide, insbesondere Avn C, zeigen eine ausgeprägte entzündungshemmende Wirkung, indem sie die Aktivierung des NF-κB-Signalwegs hemmen. Dies führt zu einer Reduktion von entzündungsfördernden Molekülen wie TNF-α und IL-1β. Diese Eigenschaft macht Hafer zu einem potenziellen Mittel zur Linderung von entzündlichen Erkrankungen wie Arthritis oder entzündlichen Darmerkrankungen.7

Phytosterole und Lignane in Hafer tragen zur Senkung des LDL-Cholesterinspiegels bei, indem sie die Cholesterinaufnahme im Darm blockieren. Dies hilft, das Risiko von Herz-Kreislauf-Erkrankungen zu reduzieren. Zusätzlich unterstützt die antioxidative Wirkung dieser Stoffe die Herzgesundheit.7

Lignane wirken als Phytoöstrogene und können hormonelle Ungleichgewichte ausgleichen. Sie sind besonders nützlich für Frauen in der Menopause, da sie Symptome wie Hitzewallungen lindern und das Risiko hormonabhängiger Krebsarten wie Brustkrebs senken können.7

Avenanthramide und Polyphenole in Hafer zeigen antiproliferative und proapoptotische Eigenschaften, die das Wachstum von Tumorzellen hemmen. Sie fördern die Aktivierung von Tumorsuppressor-Proteinen wie p53 und hemmen die Zellzyklusprogression, was das Fortschreiten von Krebs verlangsamen kann.7

Polyphenole und Phytinsäure in Hafer können die Aufnahme von Glukose im Darm verlangsamen und so den Blutzuckerspiegel stabilisieren. Dies ist besonders vorteilhaft für Menschen mit Diabetes, da es die Insulinempfindlichkeit verbessert und Blutzuckerspitzen nach Mahlzeiten reduziert.7

Avenanthramide haben juckreizlindernde und entzündungshemmende Eigenschaften, die bei der Behandlung von Hauterkrankungen wie Ekzemen oder trockener Haut helfen können. Sie werden häufig in kosmetischen Produkten verwendet, um Hautreizungen zu lindern.7

Die in vielen Getreidearten enthaltene Phytinsäure hat häufig einen negativen Ruf. Denn Phytinsäure bindet Mineralstoffe wie Eisen, Zink, Calcium und Magnesium in Magen und Darm. Diese stehen uns dann nicht mehr vollständig zur Verfügung. Durch den verzögerten Abbau von Stärke im Körper reguliert die Phytinsäure aber auch die Blutzuckerkonzentration.8 Lesen Sie dazu mehr im Artikel 'Phytinsäure bzw. Phytat und das Einweichen oder Keimen'.

Gefahren - Unverträglichkeiten - Nebenwirkungen

Prinzipiell gilt Hafer als glutenfrei. Jedoch ist dies eine Definitionsfrage, denn neben der individuellen Sensitivität der Patienten ist die Reaktion auch von der Sorte abhängig.13 Saat-Hafer ist meist mit anderem glutenhaltigem Getreide wie Weizen, Gerste, Dinkel oder Roggen verunreinigt. So sind konventionelle Haferprodukte für Zöliakie-Betroffene ungeeignet. Speziell glutenfreier Hafer ("gf Hafer") hat einen Glutengehalt von unter 20 ppm und trägt das "Glutenfrei-Symbol", eine durchgestrichene Ähre im Kreis. Auch Menschen mit Zöliakie kommen unter Umständen gut mit kleineren Mengen Hafer zurecht. Das zeigen diverse Untersuchungen. Für viele Allergiker und Betroffene von Zöliakie ist nur Gliadin, nicht aber zugleich auch jedes andere Gluten (z.B. Avenalin im Hafer) unverträglich. Deshalb sollten Sie, falls Sie davon betroffen sind, beim Haferkauf unbedingt auf die als "glutenfrei" deklarierten Haferprodukte achten. Manche Menschen vertragen auch glutenfreien Hafer nicht. Es gilt, dies in Begleitung eines Arztes gezielt auszuprobieren und herauszufinden.14

Verwendung als anerkannte Heilfplanze

Die Haferfrüchte (Avenae fructus) und das Haferkraut (Herba avenae) sind in den HMPC als pflanzliche Arzneimittel eingestuft ("traditionelle Anwendung"). Dem Haferstroh (Stramentum avenae) schreibt die Kommission E eine positive Wirkung bei äusserlichen Anwendungen von entzündlichen und seborrhoischen Hauterkrankungen (Juckreiz) zu.20

Ökologischer Fussabdruck - Tierwohl

Der CO2-Fussabdruck für die Produktion von 1 kg Hafer liegt bei 0,57 kg CO2eq/kg und damit unter dem von Weizen (0,59 kg CO2eq/kg).25 Das sind kleine Fussabdrücke. ForscherInnen kamen im Paper 'All you can eat for climate' auf einen etwas höheren Fussabdruck: mit 0,99 kg CO2eq/kg passt Hafer aber immer noch gut zu einer klimafreundlichen Ernährung.2

Die benötigte Menge Wasser für die Produktion von 1 kg Hafer, sprich der Wasser-Fussabdruck, ist mit 1788 Litern relativ hoch im Vergleich zu anderen Lebensmitteln wie Gemüse und Obst. Einen ähnlichen Wasser-Fussabdruck hat ungeschälter Reis (1673 Liter) und der Durchschnitt für Getreide liegt bei 1644 l/kg. Wobei in der Regel der grösste Wasseranteil das sogenannte 'grüne Wasser' ausmacht, sprich Regenwasser. In klimatisch günstigen Regionen sind Getreide und auch Hafer daher halb so wasserintensiv, wie es auf den ersten Blick scheint.21

In einer Studie verglichen WissenschaftlerInnen die Umweltauswirkungen von biologischer und konventioneller Haferproduktion im Westen Kanadas und konnten keinen klaren Favoriten für eine Anbauweise darlegen. Die ökologische Bewertung von Haferanbau unterscheide sich je nach Anbauweise und der betrachteten Masseinheit. Die Wahl der Anbauweise und deren Umweltfreundlichkeit hängen somit stark von regionalen Bedingungen und spezifischen landwirtschaftlichen Praktiken ab. So verzichteten die Bio-LandwirtInnen in dieser Untersuchung zwar auf synthetische Pflanzenschutz- und Düngemittel, allerdings glich sich diese Einsparung durch den Einsatz von organischen Düngemitteln und deren Transport und die damit produzierten Emissionen wieder aus. Diese Lebenszyklusanalyse (LCA) zeige ausserdem, dass konventioneller Haferanbau pro produzierter Tonne Getreide einen geringeren ökologischen Fussabdruck aufweist, insbesondere aufgrund höherer Erträge und geringerer Transport- und Betriebskosten. Im Gegensatz dazu schneidet der biologische Anbau besser ab, wenn man die Umweltbelastung pro Hektar Anbaufläche oder pro 1000 kanadische Dollar Bruttoeinkommen betrachtet.22

Hafermilch hat einen deutlich kleineren CO2-Fussabdruck als z.B. Reismilch oder Sojamilch und einen kleineren als Kuhmilch. Der Anbau von Hafer benötigt auch deutlich weniger Wasser, als für Mandeln oder Reis. Der Flächenverbrauch ('land use') ist bei Hafer etwas höher als bei Soja, Mandeln oder Reis.18

Ausführliche Erläuterungen zu verschiedenen Nachhaltigkeitsindikatoren (wie z.B. ökologischer Fussabdruck, CO2-Fussabdruck, Wasser-Fussabdruck) lesen Sie in unserem Artikel: Was bedeutet der ökologische Fussabdruck?

Tierschutz - Artenschutz

Die in der konventionellen Landwirtschaft eingesetzten Pestizide haben stark negative Auswirkungen auf wichtige Bestäuber wie Wildbienen und Honigbienen. So verringern sich etwa die Nistfrequenz von Wildbienen, das Wachstum von Hummelvölkern, oder die Überwinterungsquote von Honig- und Wildbienen nach Aussetzung von Pestiziden bzw. pestizidbelasteten Pflanzen.23,24

Weltweites Vorkommen - Anbau

ForscherInnen konnten den Haferanbau in Mitteleuropa bis in die Bronzezeit zurückverfolgen, am frühesten nachweisbar in der Schweiz. Erst im 19. Jahrhundert lösten Kartoffeln und Weizen Hafer als Grundnahrungsmittel ab. Heute sind Russland, Kanada, Australien und Polen die Hauptproduzenten.15

Die wichtigsten Importländer für die Schweiz sind Frankreich, Deutschland und Italien.17

Anbau - Ernte

Hafer bevorzugt als einjähriges Sommergetreide gemässigtes Klima mit hohen Niederschlagsraten. Die Bodenansprüche sind gering. LandwirtInnen bezeichnen ihn auch als "Gesundungsfrucht", weil sich viele Getreideschädlinge darin nicht vermehren. Wenn ein Keimversuch beim Nackthafer nicht auf Anhieb klappt, bedeutet es nicht, dass die Keimfähigkeit beeinträchtigt sein muss. Hafer ist ein Dunkelkeimer und Kaltkeimer und er benötigt für eine gute Keimfähigkeit Bodentemperaturen von ca. 4-5 °C.16 Er bildet seine Körner in einer vielfach verzweigten Rispe aus, also nicht in einer Ähre wie der Weizen.

Für den Anbau sind Sommerhafer und Winterhafer möglich. Sommerhafer pflanzt man so früh wie möglich bzw. zwischen Februar und März. Winterhafer lässt sich ab Mitte September bis Oktober ausbringen und wächst über den Winter auf dem Feld. Die Ernte-Saison (für beide) ist von Ende Juli bis Anfang August, sobald der Feuchtigkeitsgehalt des Korns nur noch 14 % beträgt.16

Industrielle Herstellung

Spelzhafer ist für den Menschen erst nach dem Schälen essbar. Nach der Ernte der goldgelben Haferkörner trennt man in der Mühle den groben Schmutz, artfremdes Getreide, Samen und Strohteile ab, siebt und sortiert die Körner nach Grösse. Danach "darren" (trocknen) die HerstellerInnen die Haferkerne bei ca. 90-100 °C.1 Dazu leitet sie die Körner durch heisse Rohre. Durch das Darren deaktivieren sich die fettspaltenden Enzyme und der Feuchtigkeitsgehalt verringert sich. Die Gefahr des Ranzigwerdens der Körner oder anderer Produkte (Flocken) reduziert sich dadurch massgeblich. Für den Handel sind auch die bessere Lagerfähigkeit und längere Haltbarkeit ein wesentlicher Vorteil dieser Behandlung. Zudem schliesst die Hitzebehandlung die enthaltene Haferstärke teilweise auf, was den Hafer für die menschliche Verdauung bekömmlicher macht. Aber der Hafer ist danach nicht mehr roh. Der Geschmack verändert sich ebenfalls: Durch das Darren schmeckt der Hafer nussiger.19 Viele HerstellerInnen meinen, Hafer schmecke unerhitzt bitter. Dieses Argument bezieht sich aber eher auf den Nackthafer, der grundsätzlich mehr Bitterstoffe enthält.

Bei einer Unterläuferschälung kommen nach dem Erhitzungsvorgang ("Darren"), die Grössensortierung und dann das Entspelzen der Haferkörner. Zum Entspelzen im Fliehkraftschäler ist kein vorgängiges Darren nötig. Dazu schleudern die Haferkörner auf einen Prallring, wobei sich die Spelzen vom Korn lösen. Es verbleiben die Haferkerne mit allen Bestandteilen wie Mehlkörper, Randschichten und Keimling. Die leichteren Spelzen saugt ein Gebläse ab. Erst dann geht der Prozess zum Darren über.1 Vor einer weiteren Verarbeitung, z.B. Walzen für die Haferflockenherstellung, braucht der Hafer für eine bessere Elastizität eine Behandlung mit heissem Wasserdampf. Danach kommen die gepressten Körner erneut zur Trocknung.1,19

Weiterführende Informationen

Diese Pflanzenart aus der Gattung Hafer (Avena) gehört zu den Süssgräsern. Die etwa 25 Avena-Arten sind von Nordwestafrika und Spanien durch den Mittelmeerraum bis nach Vorderasien verbreitet.

Sand-Hafer oder Rau-Hafer (Avena strigosa) bauen LandwirtInnen seit mehr als 100 Jahren nicht mehr wegen der Körner an. Er brachte auch auf leichtem, sandigem Untergrund noch Ertrag, wo es dem Saathafer zu trocken war. Leider sind Sand-Hafer oder Zweispitz-Hafer in der Schweiz nicht erhalten geblieben.3

Alternative Namen

Avena sativa ist der lateinische Name für Saat-Hafer. Übliche Namen sind auch Echter Hafer, Kulturhafer, Spelzhafer oder Speisehafer und umgangssprachlich einfach Hafer. Avena nuda ist Nackthafer oder Spriesskornhafer.

Der englische Name für Hafer ist 'oats'.

Sonstige Anwendungen

Hafer kultivieren LandwirtInnen heute vorwiegend für Tierfutter. Als Futtergetreide für Pferde, Rinder und Geflügel sind Saat-Hafer (Gelb- oder Schwarzhafer) hervorragend geeignet. Als Schweinefutter, aufgrund seines hohen Rohfaseranteils, eher weniger. Da sich aber die Konsumgewohnheiten einiger KonsumentInnen in den letzten Jahren geändert haben, integrieren viele Hafer wieder vermehrt in ihre Ernährung.

Literaturverzeichnis - 25 Quellen

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Ganssmann W. Hafer. In Lebensmitteltechnologie: Biotechnologische, Chemische, Mechanische und Thermische Verfahren der Lebensmittelverarbeitung. Springer; Heiss, R. (Hrsg.). 1996:149ff.

2.

Greenpeace Schweiz, Stadt Zürich et al. All You Can Eat for climate - Poster. ayce.earth. 2022.

3.

Schilperoord P.  Kulturpflanzen in der Schweiz - Hafer. Verein für alpine Kulturpflanzen (Hrsg.). 2017.

4.

USDA United States Department of Agriculture.

5.

Litwinek D, Gambus H et al. Aminoacids Composition of Proteins in Wheat and Oat Flours Used in Bread Production. Journal of Microbiology, Biotechnology and Food Sciences. 2013;2(1):1725-1733.

6.

Skolmowska D, Głąbska D. Effectiveness of Dietary Intervention with Iron and Vitamin C Administered Separately in Improving Iron Status in Young Women. International Journal of Environmental Research and Public Health. 2022;19(19):11877.

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Daou C, Zhang H. Oat Beta‐Glucan: Its Role in Health Promotion and Prevention of Diseases. Comprehensive Reviews in Food Science and Food Safety. 2012;11(4):355-365.

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