Inhaltsverzeichnis
Weizenkleie (roh) ist ein Nebenprodukt, das bei der Herstellung von weissem Mehl aus Weichweizen (Triticum aestivum L.) oder Hartweizen (Triticum durum Desf.) anfällt. Früher hat man die Kleie vorwiegend zur Fütterung von Nutztieren verwendet, heute ist die nährstoffreiche Weizenkleie als Nahrungsergänzung beliebt und auch bio in vielen Supermärkten erhältlich.
Verwendung in der Küche
Was ist Weizenkleie? Nach dem Vermahlen und Absieben des feinen Mehls verbleiben die Schale, die Aleuronschicht und der Keimling des Weizenkorns (= Kleie). Kleie hat einen neutralen, leicht nussigen bis bitteren Geschmack. Rohe Weizenkleie können Sie vielseitig einsetzen.
Wie viel Weizenkleie pro Tag ist gesund? Die Richtlinie für ballaststoffreiche Lebensmittel der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) empfiehlt, dass gesunde Menschen täglich 30–50 g Ballaststoffe (Trockengewicht) mit der Nahrung aufnehmen sollten. In vielen Ländern ist die Ballaststoffzufuhr deutlich darunter. In China beträgt die tatsächliche tägliche Ballaststoffaufnahme pro Kopf nur etwa 14 g, während die empfohlene Menge bei etwa 30 g liegt. Allgemein nimmt mit der zunehmenden Verarbeitungsqualität der Lebensmittel die Ballaststoffzufuhr allmählich ab.20 Die empfohlene tägliche Menge an Ballaststoffen von ca. 30 g (bei durchschnittlich 2000 kcal täglich), entspricht bei Weizenkleie ca. 60-70 g. Allerdings nehmen Sie im Normalfall Ballaststoffe auch aus anderen Lebensmitteln zu sich.2 War die bisherige Ernährung eher ballaststoffarm, empfiehlt es sich, mit einer kleineren Kleie-Menge zu beginnen und die Dosis langsam zu steigern. So gewöhnt sich der Darm an die erhöhte Ballaststoffmenge und Sie vermeiden Bauchschmerzen und Blähungen. Um die Verdauung anzuregen, beginnen Sie mit ca. 10 g Weizen-Kleie täglich und erhöhen die Menge auf 20-40 g, je nach Verträglichkeit. Wie viel Weizenkleie Sie z.B. in Ihren Joghurt geben bzw. welche Weizenkleie-Dosierung für Ihre Verdauung am besten ist; hängt also von Ihren allgemeinen Ernährungsgewohnheiten ab. Ein bis zwei Esslöffel Weizenkleie sind aber ein guter Ausgangspunkt, um sich heranzutasten.
Kann man Weizenkleie roh essen? Ja. Wie Sie Weizenkleie essen, ob roh oder gekocht, scheint einer kleinen Studie aus dem Jahr 1976 zufolge einen Unterschied zu machen: roh wirke die Kleie sogar besser.29 Zu Kleie sollten Sie aber immer ausreichend Flüssigkeit (z.B. Wasser oder ungesüsste Tees) trinken – siehe Gefahren - Unverträglichkeiten - Nebenwirkungen. Rohe Kleie können Sie vor dem Verzehr auch in Wasser quellen lassen oder Sie kombinieren die Kleie mit Lebensmitteln, die von Natur aus viel Wasser enthalten, wie z.B. Obst oder Gemüse. Auch Obstsäfte eignen sich zum Quellen, wie im Erb-Müesli beschrieben. Die rohe Weizenkleie passt auch zu Haferbrei oder Joghurt (z.B. veganem Sojajoghurt).
Weizenkleie können Sie – roh oder gekocht – vielseitig verwenden: als Ersatz für Paniermehl, zum Andicken von Suppen und Saucen (Sossen), als Kruste für Aufläufe, in Smoothies, als Topping für Salate oder als Zutat in Pancakes. Bei Brot, Gebäck, Kuchen und Knäckebrot ist es möglich, bis zu 10 % des Weizenmehls durch Kleie zu ersetzen.
In Rumänien und Moldawien kennt man 'Borș', ein aus Weizenkleie (ev. auch Gerstenkleie oder Maisgriess) hergestelltes, fermentiertes Getränk mit säuerlichem Geschmack.
Veganes Weizenkleie-Rezept für Knäckebrot
Zutaten (für 12 Stück): 80 g Haferflocken, 80 g Dinkelmehl, 380 ml Wasser, 40 g Leinsamen, 40 g Sesam, 1 EL Rapsöl, Salz, 60 g Weizenkleie.
Zubereitung: Zunächst in einer Schüssel Haferflocken, Dinkelmehl, Weizenkleie, Leinsamen, Sesam und Salz vermengen. Im Anschluss Wasser und Rapsöl dazugeben und die Mischung zu einem homogenen Teig verarbeiten. Legen Sie ein Backblech mit Backpapier aus und streichen Sie den fertigen Teig dünn auf das Backpapier. Bei 170 °C (Ober- und Unterhitze) muss das Knäckebrot insgesamt 65 Min. backen, jedoch müssen Sie das Blech nach 15 Min. kurz aus dem Backofen nehmen und den Teig in 12 gleich grosse Stücke schneiden. Dann kann das Backblech zurück in den Ofen und das Knäckebrot nochmals 50 Min. backen. Behalten Sie die dünnen Knäckebrote während des Backens gut im Auge, denn sie verbrennen schnell.
Veganes Weizenkleie-Rezept für 'Low-Carb-Brot'
Zutaten (für 1 Brot): 120 g Sonnenblumenkerne, 225 ml warmes Wasser, 50 g Weizenkleie (bio), 50 g Walnussmehl (Alternativen: Leinsamenmehl, Quinoamehl, Sojamehl), 35 g Chiasamen, 25 g geschrotete Leinsamen, 25 g Flohsamenschalen, 25 g Walnüsse, ¼ Päckchen Backpulver, 2 EL Rapsöl, 1 TL Meersalz, ½ EL Balsamessig (Aceto balsamico).
Zubereitung: Alle Zutaten zu einem festen Teig kneten. Hier eignet sich der Einsatz einer Küchenmaschine. Danach den Teig zu einer Kugel formen und ca. 10 Min. ruhen lassen, damit die Chiasamen, Weizenkleie und Flohsamenschalen quellen können. In der Zwischenzeit den Ofen auf 200 °C (Ober- und Unterhitze) vorheizen. Den Teig im Anschluss zu einem Brotlaib formen und auf einem Backblech 1 h lang backen. Das fertige Brot vor dem Anschneiden abkühlen lassen. Mit veganem Frischkäse und klein geschnittenem Schnittlauch schmeckt das frische Brot zum Frühstück, als Snack oder als Abendbrot.
Vegane Rezepte mit Weizenkleie finden Sie unter dem Hinweis: "Rezepte, die am meisten von dieser Zutat haben".
Nicht nur Veganer oder Vegetarier sollten das lesen: Veganer essen oft ungesund. Vermeidbare Ernährungsfehler. |
Einkauf - Lagerung
Wo bekommt man Weizenkleie? Weizenkleie in Form von Rohkost ist mittlerweile in gut sortierten Supermärkten wie Migros, Rewe, Edeka, Billa etc. erhältlich; häufig auch in biologischer Qualität. In Supermärkten wie Coop, Spar, Denner, Volg, Aldi, Lidl und Hofer finden Sie vorwiegend verarbeitete Weizenkleieprodukte, wie z.B. Frühstückszerealien. Oft sind andere Kleiearten (z.B. Haferkleie) im Standardsortiment enthalten.
Regional produzierte, gentechnikfreie, rohe Weizenkleie in Bio-Qualität oder aus biologisch-dynamischem Anbau (Demeter) ist in Reformhäusern, Bio-Läden, in Bio-Supermärkten (wie Denn's Biomarkt, Alnatura), in Drogerien, Spezialgeschäften oder im Online-Handel (z.B. Coop Vitality) erhältlich.
Da sich in den Randschichten des Weizenkorns Verunreinigungen durch Pestizide und Schwermetalle einlagern können, empfehlen wir, nur Produkte aus kontrolliert biologischem Anbau (bio) zu verwenden.21,22
Die Verfügbarkeit von Weizenkleie ist je nach Grösse des Ladens, Einzugsgebiet etc. unterschiedlich. Unsere erfassten Lebensmittelpreise für die D-A-CH-Länder finden Sie oben unter dem Zutatenbild - und mit Klick deren Entwicklung bei verschiedenen Anbietern.
Tipps zur Lagerung
Weizenkleie ist nur begrenzt lagerfähig, da sie einen relativ hohen Fettgehalt sowie aktive Enzyme enthält, die zur Oxidation des Fetts und damit zu Ranzigkeit führen.23 Ihre Empfindlichkeit gegenüber Feuchtigkeit und Luft macht sie ausserdem anfällig für Schimmelbildung und Schädlingsbefall. Eine kühle, trockene und luftdichte Lagerung – idealerweise im Kühlschrank oder Gefrierfach – kann die Haltbarkeit deutlich verlängern.
Inhaltsstoffe - Nährwerte - Kalorien
Zusammensetzung und Menge der Inhaltsstoffe, inkl. sekundäre Pflanzenstoffe, variieren extrem je nach Sorte, Wachstumsbedingungen und Verarbeitungsmethoden etc.
100 g Weizenkleie besteht zu 65 g aus Kohlenhydraten und hat einen Energiegehalt von 216 kcal. Sie ist mit 43 g sehr ballaststoffreich und daher stark sättigend. Mit 16 g Eiweiss enthält Weizenkleie mehr Proteine als Griess (13 g/100g) und Weizenkörner (10 g/100g). Mehr Eiweiss ist in Chiasamen (17 g/100g) und Leinsamen (18 g/100g) enthalten. Der Fettgehalt der Weizenkleie beträgt 4,2 g/100g.2
Die Randschichten des Weizenkorns sind besonders nährstoffreich: So enthält Weizenkleie etwa 12 mg Mangan pro 100 g. Dieser Anteil macht bei einer Tagesaufnahme von ca. 2000 kcal rund 575 % des Tagesbedarfs aus. Grüner und Schwarzer Pfeffer haben vergleichbare Werte. Einen deutlich höheren Mangan-Anteil haben die Gewürze Safran (28 mg/100g) und Gewürznelken (60 mg/100g).2 Mangan ist für den Aufbau von Knorpelgewebe wichtig.3
Magnesium ist in Weizenkleie zu 611 mg/100g enthalten und macht damit erstaunliche 163 % des Tagesbedarfs aus. Ähnlich hohe Mengen sind in ungeschälten Hanfsamen (700 mg/100g) und getrockneten Kürbiskernen (592 mg/100g) vertreten.2 Der Körper benötigt Magnesium für über 300 enzymatische Stoffwechselreaktionen, ist für die Mineralisation sowie das Wachstum der Knochen von Bedeutung. Ein Mangel an diesem essenziellen Mengenelement kann zu Osteoporose führen, aber auch zu viel davon kann Schäden verursachen.4
Selen ist in Weizenkleie zu 78 µg/100g enthalten und macht damit 141 % des Tagesbedarfs aus. Der durchaus hohe Gehalt ist mit jenem von Weizenkeimen und Kamut bzw. Khorasan-Weizen vergleichbar. Einen noch höheren Selen-Anteil haben Senfpulver (208 µg/100g) und Paranüsse (1'917 µg/100g).2 Selen hat unterschiedliche Funktionen im Körper. Dieser benötigt das Halbmetall für das Immunsystem, das antioxidative Schutzsystem und den Schilddrüsenstoffwechsel.7 Allerdings kann ein Selenüberschuss negative Auswirkungen haben und zu Diabetes-Typ-2 führen.8
Die gesamten Inhaltsstoffe von Weizenkleie, die Abdeckung des Tagesbedarfs und Vergleichswerte mit anderen Zutaten finden Sie in unseren Nährstofftabellen. Im Artikel Nährstoffe umfassend erklärt bekommen Sie einen detaillierten Einblick in das Thema.
Wirkungen auf die Gesundheit
Ist Weizenkleie gesund oder ungesund? Weizenkleie ist eindeutig gesund: Weizenkleie gehört zu den ballaststoffreichsten Lebensmitteln und daher hat die Weizenkleie eine positive Wirkung auf die Gesundheit – insbesondere auf die Verdauung und die Vorbeugung chronischer Krankheiten. Sie liefert vor allem unlösliche Ballaststoffe, die im Darm aufquellen, das Stuhlvolumen erhöhen und so die Darmtätigkeit anregen. Zahlreiche Studien belegen, dass eine ballaststoffreiche Ernährung das Risiko für koronare Herzkrankheiten, Schlaganfall, Bluthochdruck, Typ-2-Diabetes, Fettleibigkeit sowie verschiedene Magen-Darm-Erkrankungen (Reflux, Zwölffingerdarmgeschwüren, Verstopfung und Hämorrhoiden) senken kann. Trotz dieser wissenschaftlich gut belegten Vorteile liegt die durchschnittliche Ballaststoffzufuhr in vielen Ländern weiterhin deutlich unter den Ernährungsempfehlungen. Der gezielte Verzehr ballaststoffreicher Lebensmittel wie Weizenkleie kann helfen, diese Lücke zu schliessen. Darüber hinaus zeigen Forschungsergebnisse, dass die Weizenkleie zur Prävention verschiedener Krebsarten (z.B. Darm- und Brustkrebs) sowie Herz-Kreislauf-Leiden beitragen kann.1,9,10
Die Fermentation von Ballaststoffen im Dickdarm fördert eine gesunde Zusammensetzung der Darmflora und hilft, das Gleichgewicht im Darm aufrechtzuerhalten. Dabei entstehen wichtige Stoffwechselprodukte – vor allem kurzkettige Fettsäuren –, die eine zentrale Rolle bei der Regulierung unseres Stoffwechsels spielen.5
Sekundäre Pflanzenstoffe
Viele gesundheitliche Wirkungen von Weizenkleie kann man auf die enthaltenen sekundären Pflanzenstoffe zurückführen. Unser Artikel über sekundäre Pflanzenstoffe bietet einen Überblick über die Klassifizierung der Stoffgruppen, das Vorkommen in Lebensmitteln und mögliche Wirkungen auf den Menschen.
Weizenkleie enthält u.a. folgende sekundäre Pflanzenstoffe:1,6
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Isoprenoide: Triterpene und -terpenoide (u.a. Steroide [Phytosterole: β-Sitosterol, Campesterol, Stigmasterol]), Tetraterpene und -terpenoide (u.a. Carotinoide)
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Polyphenole: Alk(en)ylresorcinole (ARs), Phenolsäuren (u.a. Hydroxybenzoesäure [p-Hydroxybenzoesäure, Syringesäure, Vanillinsäure, Gallussäure] und Hydroxyzimtsäuren [Ferulasäure, p-Cumarsäure]), Flavonoide, Lignane (Secoisolariciresinol-Diglucosid)
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Weitere organische Verbindungen: Benzoxazinoide
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Sonstige Pflanzenstoffe (inkl. Protease-Inhibitoren): Phytinsäure
Benzoxazinoide (BXs) sind stickstoffhaltige sekundäre Pflanzenstoffe, die in den Pflanzenzellen in Form von Glucosiden gespeichert sind. Dazu gehören Verbindungen wie DIBOA (2,4-Dihydroxy-1,4-benzoxazin-3-on) und DIMBOA (2,4-Dihydroxy-7-methoxy-1,4-benzoxazin-3-on). BXs besitzen potenzielle krebshemmende Wirkungen und kommen besonders reichlich im Keim und der Kleieschicht des Weizens vor. Auch Carotinoide wie Lutein und Zeaxanthin sind Mikronährstoffe in Weizenkleie mit nachgewiesenen krebshemmenden und antioxidativen Wirkungen.1 Lignane wie Secoisolariciresinol-Diglucosid (SDG) sind in den Kleieschichten konzentriert. Sie besitzen antitumorale Eigenschaften und stehen in Verbindung mit einem Schutz vor Darm-, Brust- und Lungenkrebs. Alk(en)ylresorcinole (ARs) sind phenolische Lipide, die in den äusseren Schichten von Weizenkörnern vorkommen. In Weizenkleie sind hauptsächlich Alkylresorcinole (C17:0–C25:0) und Alkenylresorcinole enthalten, wobei C19:0 und C21:0 am häufigsten sind. Sie zeigen antiproliferative Eigenschaften gegen menschliche Darm- und Prostatakrebszellen und gelten als Biomarker für den Verzehr von Vollkornweizen.1
Weizenkleie enthält Sterole, Sterolglycoside und Sterolfersäuren. Zu diesen Verbindungen zählen beispielsweise β-Sitosterol, Campesterol und Stigmasterol, die für ihre cholesterinsenkenden und entzündungshemmenden Eigenschaften bekannt sind.1
Flavonoide liegen in Weizenkleie meist in Form von C-Glykosiden vor, etwa Apigenin-C-Diglykosiden. Flavonoide sind für ihre antioxidativen und entzündungshemmenden Wirkungen bekannt. Weizenkleie ist reich an Phenolsäuren, wobei Ferulasäure die dominierende Phenolsäure darstellt. Diese Verbindungen besitzen ebenfalls antioxidative sowie entzündungshemmende Effekte.1,6
Weizenkleie enthält Phytinsäure.6 Diese kann einerseits die in der Nahrung enthaltenen Mineralstoffe binden, sodass der Körper sie nicht mehr aufnehmen kann, andererseits besitzt die Säure eine stark antioxidative Wirkung, die das Wachstum von Tumorzellen hemmt, vor Darm-Krebs und Nierensteinen schützt und Cholesterinwerte verbessert.12 Nähere Informationen zur Phytinsäure finden sie im Artikel Phytinsäure bzw. Phytat und das Einweichen oder Keimen.
Gefahren - Unverträglichkeiten - Nebenwirkungen
Wer Weizenkleie in seine tägliche Ernährung einbauen will, sollte zu Beginn nur kleine Mengen verwenden und auf eine ausreichende Flüssigkeitszufuhr achten. Pro Esslöffel Weizenkleie empfiehlt es sich, ein ganzes Glas Wasser zu trinken, da Weizenkleie stark aufquillt. Ist die Flüssigkeitsmenge nicht gegeben, kann Weizenkleie im Darm Verstopfung und Blähungen begünstigen. Dies birgt vor allem bei einem möglichen Darmverschluss eine hohe Gefahr.13 Idiopathische Verstopfung – keine eindeutige organische, neurologische oder systemische Ursache – und die damit verbundenen Symptome lassen sich durch das Absetzen oder die Reduzierung der Ballaststoffzufuhr wirksam lindern.16
Menschen mit einer Glutenintoleranz (Zöliakie) sollten auf den Verzehr von Weizenkleie verzichten. Betroffene reagieren mit einer Intoleranz auf das in Weizen enthaltene Getreideprotein Gluten.14
Es kann allerdings auch eine Nicht-Zöliakie-Weizensensitivität vorliegen (Nicht-Zöliakie-Nicht-Weizenallergie-Weizensensitivität, Nicht-Zöliakie-Glutensensitivität oder Weizensensitivität). Fructane, die in roher Weizenkleie enthalten sind, vermuten ForscherInnen als Auslöser für diese Unverträglichkeit, denn sie können Blähungen, Bauchschmerzen und Durchfall hervorrufen. Fructane sind wasserlösliche Zucker (Oligo- und Polysaccharide), die sich aus kurzen Fructose-Molekülketten bilden. Sie sind als Speicherkohlenhydrate (Stärkeersatz) in verschiedenen Pflanzen wie Artischocken, Zwiebeln und Weizen angelegt.14 Aber auch ATI (Amylase-Trypsin-Inhibitoren) und FODMAP (fermentierbare Oligo-, Di- und Monosaccharide und Polyole) können für diese reizdarmtypischen Bauchbeschwerden verantwortlich sein.18
Bei genetisch veranlagten Personen kann Weizenkleie allergische Reaktionen auslösen – von lebensbedrohlicher Anaphylaxie über berufsbedingtes Bäckerasthma bis hin zu chronischen Entzündungen wie eosinophiler Ösophagitis (Erkrankung der Speiseröhre) oder Gastritis. Die Diagnose erfolgt je nach Reaktionstyp durch Allergietests, Eliminationsdiäten und Biopsien; derzeit besteht die Therapie hauptsächlich im vollständigen Meiden von Weizen, wobei Immuntherapien künftig neue Behandlungsoptionen bieten könnten.15
Alternativen zu Weizenkleie finden Sie weiter unten im Kapitel Weiterführende Informationen.
Volksmedizin - Naturheilkunde
In der Naturheilkunde kommt Weizenkleie, äusserlich angewendet, bei z.B. Akne, Dermatitis und Milchschorf (Babys) zum Einsatz. Auch bei juckenden Ausschlägen (Nesselsucht, Pruritis) und Ekzemen kann die Kleie in Form von Breiumschlägen helfen. Menschen mit sensibler Haut können Kleie dem Badewasser hinzufügen und bei Säuglingen sollen die in Weizenkleie enthaltenen Nährstoffe Windeldermatitis lindern.11
Ökologischer Fussabdruck - Tierwohl
Wir haben keinen spezifischen CO2-Fussabdruck für Weizenkleie gefunden. Allerdings liegt der CO2-Fussabdruck von Weizenmehl bei etwa 0,8–1,24 kg CO₂-Äquivalent pro Kilogramm und entspricht einer klimafreundlichen Ernährung.24,25 Da Produzenten Weizenkleie meist als Nebenprodukt bei der Herstellung von weissem Weizenmehl gewinnen, können wir davon ausgehen, dass auch Weizenkleie einen geringen CO2-Fussabdruck hat.
Den Wasser-Fussabdruck von Weizenkleie können wir ebenfalls nur vom Fussabdruck des Weizenmehls ableiten: 1849 l/kg braucht es durchschnittlich. Das ist vergleichbar mit Reismehl und ein Vielfaches der Wassermenge, was zur Herstellung von Kartoffeln nötig ist (287 l/kg). Ein vergleichbar ballaststoffreiches Lebensmittel, die Leinsamen, braucht um einiges mehr Wasser und auch Haferflocken haben einen grösseren Wasser-Fussabdruck als Weizenkleie.26
Ausführliche Erläuterungen zu verschiedenen Nachhaltigkeitsindikatoren (wie z.B. ökologischer Fussabdruck, CO2-Fussabdruck, Wasser-Fussabdruck) lesen Sie in unserem Artikel: Was bedeutet der ökologische Fussabdruck?
Tierschutz - Artenschutz
Für die Weizenproduktion sind hunderte Pestizide zugelassen. Diese verschiedenen chemischen Verbindungen wirken direkt oder indirekt, beabsichtigt oder unbeabsichtigt, auf das gesamte Ökosystem. Regenwürmer, Springschwänze, Vögel und schlussendlich die Menschen leider unter den Folgen. In einem Weizenfeld können durchaus über Tausend Individuen auf einem Quadratmeter leben. Bienen, Ameisen, Spinnen, Heuschrecken, Blattkäfer, Laufkäfer, Springschwänze, Zikaden, Fliegen, Florfliegen und andere können gemeinsam mit der Kulturpflanze Weizen leben. Viele dieser Tiere dezimieren Schädlinge in den Getreidefeldern und übernehmen damit die biologische Schädlingsbekämpfung. Zudem dienen sie als wichtige Nahrungsquelle für Vögel, die wiederum viele Insekten-Schädlinge fressen und letztlich dazu beitragen, dass die Kulturpflanzen gesund bleiben.27
Weltweites Vorkommen - Anbau
Weizen (Triticum aestivum) zählt zu den wichtigsten Getreidearten und dient überwiegend der menschlichen Ernährung sowie als Futtermittel für Nutztiere. Beim Mahlen entsteht als Nebenprodukt die Kleiefraktion, die sowohl in der Lebensmittelverarbeitung als auch in nicht lebensmittelbezogenen Bereichen Verwendung findet. Lange Zeit nutzte man Weizenkleie hauptsächlich als Tierfutter, wobei ihr Einsatz gering war. Der Einsatz von Weizenkleie (WK) für den menschlichen Verzehr hat in den letzten Jahren kontinuierlich zugenommen. Weltweit stieg die Zahl der Lebensmittelprodukte mit Weizenkleie von 52 im Jahr 2001 auf etwa 800 im Jahr 2011. Die Industrie produziert jährlich rund 90 Millionen Tonnen Weizenkleie für den menschlichen Verzehr. Weizenkleie bietet eine kostengünstige und reichlich verfügbare Quelle an Ballaststoffen.17,20
Industrielle Herstellung
Kleie macht etwa 13–19 % des Weizenkorns aus, je nach eingesetztem Mahlverfahren (trocken oder nass). In der Trockenmüllerei trennen Mühlen die Kleie vom Endosperm, das sie anschliessend zu Mehl vermahlen. Walzenstühle übernehmen dabei effizient die Abtrennung. Zuvor bereiten die Betriebe das Korn durch sogenanntes Temperieren vor: Sie befeuchten es auf rund 15 % Feuchtigkeit und lagern es abhängig von der Kornhärte für eine bestimmte Zeit ein. Dabei nehmen die äusseren Schichten Wasser auf, das Endosperm erweicht, und die Kleie lässt sich später besser ablösen. Die Walzen brechen das Korn auf und trennen Keim, Endosperm und Kleie. Etwa 90 % der gewonnenen Kleie geht in die Tierfütterung, nur rund 10 % nutzt die Lebensmittelindustrie, etwa für Backwaren oder Zerealien.17
Verwechslungsmöglichkeiten
Was ist der Unterschied zwischen Weizenkeimen und Weizenkleie? Manchmal kommt es zu einer Verwechslung der Weizenkleie mit Weizenkeimen. Weizenkeime sind auch in Weizenkleie enthalten. Die Weizenkeime sind die nicht gekeimten Embryonen des Getreides. Man muss sie aus der angefallenen Kleie herausfiltern. Danach trocknet bzw. erhitzt man die Weizenkeime, röstet sie dabei aber nicht. Ob die Weizenkeime jedoch noch als "roh" gelten, hängt stark vom jeweiligen Verfahren und den eingesetzten Trocknungstemperaturen ab. Normalerweise arbeiten ProduzentInnen mit stark erhitzenden Prozessen, damit die Weizenkeime lange ohne Buttersäuregärung (= ranzig, Ranzigkeit) haltbar bleiben. Im Gegensatz zu Weizenkleie haben Weizenkeime ein geringeres Quellvermögen, da der Anteil an Ballaststoffen geringer ist. Hiervon sind noch die Weizenkeimlinge zu unterscheiden, bei denen das ganze Korn im Stadium des Keimens gemeint ist.
Weiterführende Informationen
Was kann man statt Weizenkleie verwenden? Wer seine Ballaststoffzufuhr langsam steigern will, kann statt zu Weizenkleie zunächst zu Haferflocken greifen. Auch diese haben viele Ballaststoffe und regen die Verdauung im Darm an. Als Alternative zu Weizenkleie kann man auch andere Kleieprodukte wie z.B. Haferkleie (Haferschälkleie, Haferspeisekleie - mit Gesamtballaststoffanteil von ca. 12-24 % und mehr Beta-Glucanen) verwenden.19 Um den Ballaststoffanteil im Essen zu erhöhen, eignen sich auch Leinsamen oder Flohsamenschalen.
Aus botanischer Sicht bezeichnet man als Kleie die äussere Schale und die Aleuronschicht des Weizenkorns. In der Praxis jedoch, also beim Mahlen, unterteilt man die Kleie aufgrund der Verarbeitungsschritte von innen nach aussen: Aleuronschicht, Glanzschicht (Nukleusepidermis), Samenschale, innere Fruchtschale (bestehend aus Hybriden- und Röhrenzellen) und äussere Fruchtschale. Die äussere Schale enthält besonders viel Zellulose und Lignin. Die Aleuronschicht ist der mengenmässig grösste Teil. Sie enthält den Grossteil der β-Glucane, Proteine und Mineralstoffe des Korns und ist zudem reich an Vitaminen und phenolischen Verbindungen. Zusammen bilden diese Schichten die Kleiefraktion, die vor allem eine Schutzfunktion für das Innere des Korns übernimmt.5
Alternative Namen
Futtermittelhersteller verwenden auch die Bezeichnung "Krüsch" für Kleie.
Im Englischen ist der Name 'wheat bran' üblich, im Spanischen heisst Weizenkleie 'salvado de trigo'.
Sonstige Anwendungen
Weizenkleie ist ein vielseitiges Nebenprodukt, das neben der Lebensmittel-, Chemie-, Kosmetik-, Pharma- und Biotechnologieindustrie auch in der Tierernährung breite Anwendung findet.28
Literaturverzeichnis - 29 Quellen
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