Inhaltsverzeichnis
Spitzwegerich (Plantago lanceolata) dient als Phytopharmakon (Pl. Phytopharmaka) sowie als wilde Nahrungspflanze (Wildkraut) für verschiedene Rezepte, z.B. für rohen Spitzwegerich-Salat.
Verwendung in der Küche
Die länglich spitz zulaufenden Blätter sind kräftig grün, mit ausgeprägten Blattadern. Der Geschmack des jungen Spitzwegerichs ist nussig-pilzähnlich. Ihr Aroma ist eher mild, aber mit einer frischen, grasigen Nuance. Beim Zerreiben entfalten sie einen leicht erdigen Duft, der an frische Kräuter erinnert. Besonders junge Blätter sind zarter und weniger bitter, während ältere Blätter intensiver schmecken und fasrig sind. Zum Essen eignen sich daher die zarten Blätter aus der Mitte der Wildpflanzenrosette.
Kann man Spitzwegerich roh essen? Spitzwegerichblätter können Sie problemlos roh essen. Reinigen Sie die Blätter vor dem Verzehr mit frischem Wasser.
Schneiden Sie Spitzwegerichblätter quer zu den Längsfasern in Streifen. Bei älteren Blättern entfernen Sie auch die Rippen der Blätter. Die Blätter lassen sich roh oder gekocht verwenden. Mögliche Gerichte sind Salat (Spitzwegerich-Salat), Gemüsezubereitungen, vegane Gemüsestrudel, spinatähnliches Gemüse oder Rohkost-Variationen.
Neben diesen klassischen Anwendungen bietet Spitzwegerich noch viele weitere Möglichkeiten in der Küche. Die Blätter können beispielsweise in Suppen und Eintöpfen für eine feine Wildkräuternote sorgen oder als Füllung für herzhafte Teigtaschen dienen. Die rohen Blätter passen auch aufs Brot oder entsaftet (Presssaft) in grünen Smoothies oder als Tee. Sie eignen sich auch in Kombination mit weiteren Kräutern zur Herstellung von Pestos. Die Zubereitung erfolgt gleich wie mit Basilikum oder Bärlauch.
Bekannt ist Spitzwegerich-Sirup gegen Hustenreiz. Bei der kalten Mazeration schichten Sie die gewaschenen und geschnittenen Blätter abwechselnd mit Zucker in ein Glas. Dieses stellen Sie mehrere Wochen (ca. 2 Monate) an einen dunklen, kühlen Ort. Nach der Reifezeit können Sie das Glas in ein Wasserbad stellen und erwärmen. Zitronensaft und ein wenig Wasser verbessern die Konsistenz und den Geschmack. Nochmals zwei Stunden ziehen lassen und anschliessend abseihen. Den Sirup in ein steriles Glas abfüllen und im Kühlschrank lagern. Alternativ können Sie die Blätter in Wasser aufkochen, dann abseihen und den Extrakt mit Zucker oder Honig einkochen, bis eine sirupartige Konsistenz entsteht.
Die weichen, knospenden Blütenstände ähneln dem Geschmack der Blätter. Sie schmecken frisch gepflückt für Salate und Rohkost oder sind roh in Öl oder Essig mit Gewürzen eingelegt, eine interessante Abwechslung zu Kapern. Die Samen verfeinern Gemüsegerichte oder sind eine Beigabe für Gebäck und Brot. Die feinästigen Wurzeln sind aufwendig zu reinigen und eignen sich klein geschnitten in veganen oder vegetarischen Bratlingen.
Veganes Rezept für Spitzwegerich-Salat mit Wildkräutern
Zutaten (für 2 Personen): 1 Handvoll (ca. 30 g) roher Feldsalat, 1 Handvoll (ca. 30 g) rohe Knoblauchsrauken-Blätter, ½ Handvoll (ca. 15 g) rohe Giersch-Blätter, ½ Handvoll (ca. 15 g) rohe Löwenzahnblätter, ½ Handvoll (ca. 15 g) junge Spitzwegerichblätter (bio), 2 EL Balsamicoessig, 1 EL kaltgepresstes Bio-Walnussöl, 1 EL Senf, 1 Prise Pfeffer, ½ Bio-Apfel in feine Scheiben geschnitten, 10 frische Gänseblümchen und 1 rohe Frühlingszwiebel in Röllchen geschnitten.
Zubereitung: Zunächst alle grünen Salatbestandteile waschen. Bis auf den Feldsalat, die Gänseblümchen und 8 Spitzwegerichblätter schneiden Sie die restlichen rohen Wildkräuter in feine Streifen. Für das Dressing verrühren Sie Essig, Öl, Senf und Pfeffer. Nun den Salat und die Apfelscheiben mit der Salatsauce vermischen und auf zwei Tellern anrichten. Zuletzt dekorieren Sie den Spitzwegerich-Salat mit den Frühlingszwiebelröllchen, den Gänseblümchen und den ganzen Spitzwegerichblättern.
Rezept für (frischen) Spitzwegerichtee
Übergiessen Sie 2-6 g (1 TL = ca. 0,7 g) getrocknete Spitzwegerichblätter (oder 3-5 frische Blätter) mit 250 ml kochendem Trinkwasser und lassen Sie den Tee 10-15 Min. ziehen. Nach dem Abseihen ist der Tee trinkfertig. Nach Bedarf können Sie die Teezubereitung mit Bienenhonig süssen. Die Tee-Zubereitung gelingt auch mit Breitwegerich.
Die Tagesdosis für Erwachsene und Jugendliche beträgt 3-6 g und für Kinder unter sechs Jahren 2-4 g Spitzwegerich-Blätter für Teezubereitungen.3
Alternativ setzt man den Aufguss zunächst kalt an, damit die Schleimstoffe der Arzneipflanze besser quellen können. Nach 2 h seihen Sie die Kräuter ab und kochen den Auszug kurz auf.1,2,3
Ein bewährtes Tee-Rezept zur Schleimlösung bei Husten beinhaltet 30 g Spitzwegerich, 20 g Isländisch Moos, 20 g Fenchelsamen, 20 g Thymiankraut und 10 g Wollblumen (Königskerze).4
Vegane Rezepte mit Spitzwegerich finden Sie unter dem Hinweis: "Rezepte, die am meisten von dieser Zutat haben".
Nicht nur Veganer oder Vegetarier sollten das lesen: Veganer essen oft ungesund. Vermeidbare Ernährungsfehler. |
Einkauf - Lagerung
Getrocknete Spitzwegerichblätter (Spitzwegerich, getrocknet) gibt es gerebelt, geschnitten oder pulverisiert (gemahlen) im Kräuterfachhandel, in Apotheken, in Drogerien, online und vereinzelt in Bio-Läden oder Reformhäusern (bio oder konventionell). Gelegentlich ist getrockneter Spitzwegerich auch in Rohkostqualität (Rohqualität) erwerbbar. Zum Teil bieten auch Supermärkte wie Migros, Coop, Hofer, Aldi, Volg, Spar (Interspar), Billa, Rewe und Edeka sowie Bio-Supermärkte (z.B. Alnatura, Denn's Biomarkt) Produkte mit Spitzwegerich ganzjährig an. Supermarktketten wie Lidl und Denner haben Produkte mit der Heilpflanze kaum im Standardsortiment.
Typische Phytopharmaka-Präparate des Indikationsbereichs Bronchialtherapeutika sind: Bio-Teemischungen, Hustenpastillen, Kräuterbonbons, Tropfen, Husten-Sirup bzw. Hustensaft, Spitzwegerichsaft, Frischpflanzensaft oder Presssaft.2,3
Mit etwas Glück erhalten Sie frische Spitzwegerichblätter zur Saison auf dem Wochenmarkt, direkt beim Bauern oder über eine Abo-Kiste (Saison-Kiste, Grüne Kiste). Wenige Gärtnereien bieten kleine und noch sehr junge Pflanzen aus kontrolliert biologischem Anbau an. Setzlinge lassen sich aufgrund ihrer langen Wurzeln nur erschwert als Topfpflanzen vorkultivieren. Bio-Samen sind online oder im Fachhandel erhältlich.
Die Verfügbarkeit von Spitzwegerich ist je nach Grösse des Ladens, Einzugsgebiet etc. unterschiedlich. Unsere erfassten Lebensmittelpreise für die D-A-CH-Länder finden Sie oben unter dem Zutatenbild - und mit Klick deren Entwicklung bei verschiedenen Anbietern.
Wild zu finden
Spitzwegerich wächst auf trockenen Wiesen, Feldern, Schuttplätzen und an Wegrändern - häufig in Gesellschaft mit dem Breitwegerich oder dem Mittleren Wegerich.1 Die ideale Erntezeit von Spitzwegerichblättern ist kurz vor der Blüte. Die Hauptsaison liegt in den Monaten März/April bis Juni. Grundsätzlich sind die Blätter jedoch den ganzen Sommer hindurch zu sammeln.1 Bevorzugen Sie beim Sammeln jene Plätze, wo keine Autos fahren und auch keine Pestizide ausgebracht sind.
Die 20-40 cm langen Blätter und 10-40 cm langen Stängel des Spitzwegerichs stehen in einer Grundrosette. Die Blätter sind schmallanzettlich, wenig behaart, am Rand nur gelegentlich mit kurzen Zähnen versehen und deutlich längsadrig. Die Stängel sind aufrecht, blattlos und weisen Längsfurchen auf. An deren Ende sitzen walzenförmige bis kugelige Blütenähren.8 Die Blütezeit ist von Mai/Juni bis September/Oktober.1,5
Tipps zur Lagerung
Rohe Spitzwegerichblätter halten in einer Dose oder einem Beutel im Kühlschrank wenige Tage, ähnlich wie frischen Salat. Blanchiert und bei Bedarf püriert, können Sie die Blätter als Spinatzusatz oder für eine Kräuterfüllung einfrieren.
Trocknen ist ein weiteres geeignetes Verfahren zum Haltbarmachen von rohem Spitzwegerichkraut. Der Trocknungsprozess muss rasch vonstattengehen, um eine Braunfärbung der getrockneten Blätter durch Polymerisation zu vermeiden. Bei diesem chemischen Vorgang kommt es zum Abbau wichtiger sekundärer Pflanzenstoffe (Iridoidglykoside, v.a. Aucubin) und somit zu Einbussen bei der antibakteriellen Wirkung.1,2,4
Inhaltsstoffe - Nährwerte - Kalorien
Zusammensetzung und Menge der Inhaltsstoffe, inkl. sekundäre Pflanzenstoffe, variieren extrem je nach Sorte, Wachstumsbedingungen und Verarbeitungsmethoden etc.
Der Kaloriengehalt von 100 g Plantago lanceolata beträgt 22 kcal. Die Hauptnährstoffe setzen sich aus 0,33 g Fett, 6,5 g Kohlenhydraten und 2,1 g Proteinen zusammen. Der Gehalt an Ballaststoffen (3,7 g/100g) ist, z.B. im Vergleich mit Spinat (2,2 g/100g), relativ hoch.18
Des Weiteren enthält die Pflanze durchschnittliche Mengen an Mineralstoffen, Spurenelementen und Vitaminen.
Mangan ist mit 0,38 mg/100g enthalten, was 19 % des Tagesbedarfs entspricht. Dies ist vergleichbar mit Schnittlauch, Mangold und Feldsalat. Besonders reich an Mangan sind Weizenkeime (13 mg/100g) und Teff (9,2 mg/100g).18,19
Ebenfalls weist Spitzwegerich rund 387 mg/100g Kalium auf. Der Gehalt deckt 19 % des Tagesbedarfs ab. Dies ist vergleichbar mit Giersch und Mangold. Besonders hohe Kaliumwerte hat Zitronenverbene (2420 mg/100g).18,19
Der Vitamin-C-Gehalt ist mit 14 mg/100g moderat. Dies entspricht 17 % des Tagesbedarfs. Grüne Minze, Marokkanische Minze und Rucola haben ähnliche Gehalte. Besonders reich an Vitamin C sind Brennnesselblätter (333 mg), Knoblauchsrauke (261 mg), Zitronenverbene (176 mg) und Bärlauch (150 mg).18,19
Die in der Literatur gefundenen Inhaltsstoffe von Spitzwegerich, die Abdeckung des Tagesbedarfs und Vergleichswerte mit anderen Zutaten finden Sie in unseren Nährstofftabellen. Im Artikel Nährstoffe umfassend erklärt bekommen Sie einen detaillierten Einblick in das Thema.
Wirkungen auf die Gesundheit
Die Wirksamkeit des Spitzwegerichs zeigte sich in einigen klinischen Studien an Patienten mit Atemwegserkrankungen, Husten und Bronchitis. Nach einer Behandlungsdauer von zehn Tagen besserten sich Hustenintensität und -frequenz, Brustschmerzen, Dyspnoe (Atembeschwerden) und Auswurf deutlich im Vergleich zu den Ausgangsbeschwerden.2
Sekundäre Pflanzenstoffe
Viele gesundheitliche Wirkungen von Spitzwegerich kann man auf die enthaltenen sekundären Pflanzenstoffe zurückführen. Unser Artikel über sekundäre Pflanzenstoffe bietet einen Überblick über die Klassifizierung der Stoffgruppen, das Vorkommen in Lebensmitteln und mögliche Wirkungen auf den Menschen.
Spitzwegerich (Plantago lanceolata L.) enthält u.a. folgende sekundäre Pflanzenstoffe:23,25
- Isoprenoide: Monoterpene/oide (Iridoidgykoside: Aucubin, Catalpol), Triterpene/oide (Saponine)
- Polyphenole: Phenolsäuren: Hydrozimtsäuren (Kaffeesäure, Chlorogensäure, Neochlorogensäure, Rosmarinsäure), Hydroxybenzoesäuren (p-Hydroxybenzoesäure, Syringsäure, Protocatechusäure, Vanillinsäure); Flavonoide: Flavone (Apigenin, Luteolinglykoside), Flavanone (Hesperidin), Flavanole (Epicatechin Gallate), Anthocyane (Peonidin-3-O-Glucosid, Cyanidin-3-O-Glucosid, Keracyaninchlorid); Tannine (Ellagsäure); Stilbene (Resveratrol)
- Weitere organische Verbindungen: Vanillin, Chinasäure
Wichtige sekundäre Pflanzeninhaltsstoffe sind 2-3 % Iridoidglykoside (u.a. Aucubin, Catalpol), Phenylethanoide (nach Europäischem Arzneimittelbuch (Ph. Eur.) mind. 1,5 %), 2-6,5 % Schleimstoffe, 6,5 % Gerbstoffe, Polyphenole (Phenolcarbonsäuren, Flavonoide), Kaffeesäure, Saponine, Bitterstoffe, > 1 % Kieselsäure und ätherisches Öl. Die Schleimstoffe und Iridoidglykoside gelten als wirksamkeitsmitbestimmende Inhaltsstoffe der Wildpflanze.1,2,5,6
In-vitro- und In-vivo-Untersuchungen wiesen verschiedene Einzelwirkungen des Spitzwegerichkrauts nach. Aucubin sowie wässrige, methanolische und ethanolische Extrakte zeigten ein breites antimikrobielles Spektrum. Aucubin unterdrückt darüber hinaus die Hepatitis-B-Virus-DNA-Replikation.2
Die Schleimstoffe wirken reizmildernd, die Gerbstoffe adstringierend und die Iridoide antibakteriell. Insgesamt verfügt Spitzwegerich über entzündungshemmende (antiphlogistische) und wundheilungsfördernde Eigenschaften.6,7,8,9,10 Dabei spielen auch seine gerinnungsfördernden Effekte eine Rolle: Durch die Beschleunigung der Blutgerinnung unterstützt Spitzwegerich den Wundverschluss und fördert die Heilung.2
Forschungen legen nahe, dass Extrakte aus Spitzwegerich auch im Kampf gegen Borreliose vielversprechende Wirkungen entfalten könnten, indem sie insbesondere B. burgdorferi und seine latenten Formen hemmen.21 Extrakte aus Blättern weisen neben antibakteriellen auch immunstimulierende Wirkungen auf.23
Spitzwegerich-Extrakte zeigen vielversprechendes Potenzial in der Therapie von Alzheimer und Krebs. Sie hemmen gezielt die Enzyme AChE und BChE und wirken zytotoxisch auf die Krebszellen HDF-a und U87-MG. Während ihre Wirkung auf die Enzyme α-Glucosidase und α-Amylase gering bleibt und kaum Unterstützung bei der Diabetesbehandlung bietet, eröffnen sich dennoch interessante Perspektiven für die Krankheitsforschung. Um ihre Mechanismen und Anwendungsmöglichkeiten besser zu verstehen, sind weiterführende Untersuchungen erforderlich.25
Gefahren - Unverträglichkeiten - Nebenwirkungen
Kontraindikationen, Nebenwirkungen oder Interaktionen bei der Behandlung mit Bestandteilen des Spitzwegerichs sind keine bekannt.6
Es liegen keine Untersuchungen zur Unbedenklichkeit für die Anwendung von Spitzwegerich während der Schwangerschaft und Stillzeit vor. Deswegen lautet die allgemeine Empfehlung, dass Frauen die Heilpflanze in diesen Lebensphasen meiden sollen.3
Verwendung als anerkannte Heilpflanze
Das HMPC (Ausschuss für pflanzliche Arzneimittel) stuft Spitzwegerich, basierend auf langjähriger Erfahrung, als traditionelles pflanzliches Arzneimittel ein (traditional use). Pflanzenauszüge kommen zur Linderung von Schleimhautreizungen im Mund- und Rachenraum und damit verbundenen trockenen Reizhusten zum Einsatz.2,3
Die Indikationen zur Behandlung mit Spitzwegerich sind bei ESCOP (Dachverband nationaler europäischer Gesellschaften für Phytotherapie) Katarrhe der oberen Atemwege und Entzündungen der Mund- und Rachenschleimhaut mit einer kurzzeitigen Behandlungsdauer.2
Die Kommission E empfiehlt die Heilpflanze für die innere Anwendung bei Katarrhen der Atemwege sowie bei entzündlichen Veränderungen der Mund- und Rachenschleimhaut - und äusserlich bei entzündlichen Veränderungen der Haut.6
Wissenschaftler der Universität Würzburg ("Studienkreis Entwicklungsgeschichte der Arzneipflanzenkunde") wählten Spitzwegerich zur "Arzneipflanze des Jahres 2014", mit Verweis auf die enthaltenen antibakteriellen und blutstillenden Wirkstoffe.
Volksmedizin - Naturheilkunde
Seit der Antike gehört Spitzwegerich zu den meistverwendeten Heilpflanzen.5 Spitzwegerich gilt seit Jahrhunderten als auswurfförderndes Mittel, "gegen Schwindsucht" (Tuberkulose), bei Geschwüren im Mund, als Wundheilungsmittel sowie als Hämostatikum zur Blutstillung (daher auch als Aderkraut bezeichnet).2
In der Volksmedizin dienen mit grossem Erfolg rohe, gesäuberte Spitzwegerichblätter zur ersten Wundversorgung auf offene Wunden ("grünes Pflaster"). Umschläge mit Spitzwegerich-Presssaft, verdünnt mit Kamillentee, dienen zur Behandlung von schlecht heilenden Wunden. Weitere Einsatzgebiete der Heilpflanze in der Erfahrungsheilkunde sind Schleimhautdefekte, Insektenstiche, Juckreiz, Schwellungen, Verbrennungen, Hautentzündungen, Augenentzündungen, Magenschleimhautentzündung, Reizdarm und Erkrankungen der ableitenden Harnwege.1,6
Ein beliebtes Hausmittel gegen Husten ist Spitzwegerichsaft, der als fertiges Arzneimittel erhältlich ist oder auch einfach selbst herzustellen ist: Dafür sind rohe Spitzwegerichblätter in einem Mörser zu zerkleinern, mit etwas Wasser zu vermengen und zum Sieden zu bringen. Ohne den Sud abzuseihen, kommt reichlich Bienenhonig hinzu. Bei Husten und Fieber kann ein Teelöffel pro Stunde mildernd wirken. Bei Asthma, Heiserkeit, allgemeinen Erkältungskrankheiten und Keuchhusten verwendet man diese Zubereitung häufig mit Erfolg.1
Bislang nicht belegt bzw. nicht medizinisch anerkannt sind volksmedizinische Anwendungen gegen Asthma, Hämorrhoiden, Furunkel und Durchfall.11
Ökologischer Fussabdruck - Tierwohl
Für den ökologischen Fussabdruck spielen die Art der landwirtschaftlichen Produktion (konventionell vs. ökologisch), durchschnittliche bzw. saisonale oder regionale Produktion, inländische Produktion bzw. Import per Lkw, Schiff oder Flugzeug, unterschiedliche Verpackungsarten und ob es sich um Frischwaren oder Tiefkühlwaren handelt, eine entscheidende Rolle. Generell haben unverarbeitete, pflanzliche Lebensmittel eine gute Klimabilanz. Ausnahmen sind z.B. mit dem Flugzeug importiertes Gemüse und Früchte. Tierische Produkte haben einen grösseren Fussabdruck von 1,1 kg CO2eq/kg (Milch) bis 21 kg CO2eq/kg (Durchschnitt Rindfleisch).20
Trotz umfangreicher Recherche haben wir keine Informationen zum ökologischen Fussabdruck von Spitzwegerich gefunden. Die ökologischen Fussabdrücke eines Lebensmittels hängen von unterschiedlichen Faktoren ab. Da Spitzwegerich keine Kulturpflanze ist, sondern aus Wildsammlung oder Eigenanbau stammt, gibt es keine Messung des landwirtschaftlichen CO2-Fussabdrucks. In der Regel ist davon auszugehen, dass Spitzwegerich ein klimafreundliches Lebensmittel ist. Frische Kräuter haben generell einen kleinen Fussabdruck wie z.B.: Basilikum (0,38 kg CO2eq/kg), Schnittlauch (0,43 kg CO2eq/kg) oder Dill (0,45 kg CO2eq/kg).26
Die Entwicklung von Strategien zur Minderung der Umweltauswirkungen, insbesondere der Treibhausgasemissionen (THG) aus Milchwirtschaftssystemen, ist ein wachsendes Anliegen - eine Möglichkeit ist die Zugabe von Spitzwegerich für die Fütterung. Denn Untersuchungen zeigen, dass Kühe, welche Spitzwegerich und Weidegras grasen, weniger Methan und Ammoniak erzeugen als solche, welche nur Weidegras konsumieren.24
Auch bezüglich Wasserfussabdruck haben wir für Kräuter keine Angaben; zum Vergleich: Gemüse liegt mit 300 l/kg eher im unteren Bereich und Gewürze benötigen mit ca. 7000 l/kg deutlich mehr Wasser.27
Ausführliche Erläuterungen zu verschiedenen Nachhaltigkeitsindikatoren (wie z.B. ökologischer Fussabdruck, CO2-Fussabdruck, Wasser-Fussabdruck) lesen Sie in unserem Artikel: Was bedeutet der ökologische Fussabdruck?
Tierschutz - Artenschutz
Spitzwegerichblüten weisen keinen Nektar auf. Die Bestäubung erfolgt durch den Wind. Trotzdem erhalten sie manchmal Besuch von blütenstaubsammelnden Insekten.
Der mittlere Wegerich (Plantago media L.) ist hingegen auf Insektenbesuch angewiesen und weist eine Pollentracht für Bienen, Hummeln und Käfer auf.22
Weltweites Vorkommen - Anbau
Spitzwegerich gehört zu den häufigsten Heilpflanzen der mitteleuropäischen Flora. Die Wildpflanze ist in Europa, Nordafrika, Vorder-, Mittel- und Nordasien beheimatet. Heute ist das Wildkraut durch die jahrhundertelange Verschleppung durch Menschen weltweit in fast allen gemässigten Zonen der Erde verbreitet.1,2,12
Anbau im Garten
Spitzwegerich ist anspruchslos und lässt sich leicht in Wildgärten oder Kräutergärten anbauen. Die Wegerich-Art bevorzugt sonnige Standorte mit lockeren, humosen und nährstoffreichen Böden. Das Verhältnis zwischen Lehm und Sand sollte ausgeglichen sein, doch auch kalkarme Erden mit leicht saurem pH-Wert sind geeignet.13
Spitzwegerichsamen sät man im März und April aus. Der Anbau als Topfpflanze ist nur in tiefen Gefässen sinnvoll, da die Pflanze ca. 60 cm tiefe Wurzeln ausbildet. Ein Abstand von 20 cm bei der Aussaat verhindert später eine verstärkte Nährstoffkonkurrenz. Die Pflanzen kann man spärlich mit Kompost oder Kräuterjauchen düngen. Nach der Ernte ist eine Gründüngung, z.B. mit Lupine, empfehlenswert. Der pflegeleichte Spitzwegerich benötigt keine besonderen Wassergaben und übersteht längere Trockenphasen. Wenn sich die Blätter im Hochsommer am Rand kräuseln, sollte man die Pflanzen in den Abendstunden mässig giessen.13 Spitzwegerich ist eine winterharte, mehrjährige Pflanze, die sich eigenständig durch Samen vermehrt.
Anbau - Ernte
Die Arzneimittelpflanze (Heilpflanzendroge) stammt überwiegend aus Kulturen, teilweise aus Bio-Anbau. Importe kommen hauptsächlich aus den osteuropäischen Ländern und zum Teil aus den Niederlanden.2
Verwechslungsmöglichkeiten
Spitzwegerich kann man mit weiteren, ungiftigen Wegericharten verwechseln. Da diese ebenfalls essbar und wirksam sind, ist eine Verwechslung nicht schlimm.
Breitwegerich (Plantago major L.) und Spitzwegerich (Plantago lanceolata L.) verfügen sogar über eine ähnliche chemische Zusammensetzung. Für Heilzwecke empfiehlt der Apotheker Pahlow trotzdem, dass man reinen Spitzwegerich sammelt. Die Blätter des Breitblättrigen Wegerichs sind oval-rundlich ausgebildet und haben einen deutlich längeren Blütenstand auf kürzeren Stängeln.1
Der Mittlere Wegerich (Plantago Media L.) nimmt in Bezug auf Blätter und Stängel eine Mittelstellung ein.1,14 In Asien besteht eine Verwechslungsmöglichkeit mit der chinesischen Art Plantago asiatica, welcher dem Breitwegerich ähnelt.14
Die Verwechslung mit ausgewachsenen Blättern (vor der Blüte) des Wilden Feldsalats (Rapunzel, Valerianella locusta L.) ist aufgrund der Anordnung in Blattrosetten möglich, aber ebenfalls ungefährlich.
Weiterführende Informationen
Spitzwegerich (Plantago lanceolata L.) ist eine Pflanzenart aus der Familie der Wegerichgewächse (Plantaginaceae).
Plantago leitet sich wohl von lat. planta (= Fusssohle, Fussfläche) ab. Die Bezeichnung bezieht sich vermutlich auf die flachen, eiförmigen Blätter des Breitwegerichs und darauf, dass man den Wegerich an Wegen oft mit den Füssen niedertritt.3,16 Man diskutiert alternativ auch eine Ableitung von lat. planta (Spross, junge Pflanze).16
Der deutsche Name Wegerich stammt vom mittelhochdeutschen wëgerīch bzw. – in Bezug auf die schmal zulaufenden Blätter - spitzig wëgerīch. Dies wiederum entstammt dem Althochdeutschen wega (= Weg) und -rīh (= Reich, Herrschaft; siehe auch rik- Herrscher, reich), heute noch sichtbar als Bestandteil von Männernamen wie Dietrich, Friedrich etc.17
Alternative Namen
Umgangssprachliche alternative Bezeichnungen für Spitzwegerich sind Wegetritt, Wegtritt, Spitz-Wegeblatt, Wegreich, Wegbreite, Spitzwegeblatt, Heilwegerich, Wundwegerich, Lungenblattl, Heilblärer, Siebenrippen, Rossrippe, Rossrippen, Rippenkraut, Ripplichrut, Hundsrippen, Schlangenzunge, Lämmerzunge, Schafzunge, Aderkraut, Spiesskraut, Spiesskraut, Spitzfederich, Heufressa, Lägenblatt, Lügenblatt und Wagentranenblatt.
Falsche Schreibweisen sind Spitzwegerrich und Spitzwegerisch.
Die Alternativnamen Schlangenzunge, Lämmerzunge oder Schafzunge sowie Siebenrippen, Rossrippe, Rossrippen, Rippenkraut, Ripplichrut oder Hundsrippen deuten auf die ähnlich aussehenden Formen der Spitzwegerichblätter und der Zungen bzw. Rippen dieser Tiere hin.
Plantago lanceolata L. kennt diese lateinischen Synonyme: Plantago azorica HOCHST., Plantago hungarica WALDST. & KIT., Plantago sphaerostachya HEGETSCHW und Plantago lanceolata var. sphaerostachya MERT. & W.D.J. KOCH.15
Drogenbezeichnungen für die arzneilich genutzten Spitzwegerichblätter (in Phytopharmaka) sind Plantaginis lanceolatae folium, Syn. Herba Plantaginis angustifoliae bzw. Syn. Plantaginis folium.
Auf Englisch bezeichnet man Spitzwegerich als buckhorn, ribgrass, ribwort, buckhorn plantain, English plantain, narrow leaf plantain, narrow-leaved plantain, narrowleaf plantain, ribwort plantain, ribwort herb oder ripple-grass.
Auf Italienisch heisst die Pflanze Piantaggine lanciuola und auf Spanisch Llantén menor / Plantago menor (falsche Schreibweisen: Llanten menor / Plantago menor).
Literaturverzeichnis - 27 Quellen
1. | Pahlow M. Das grosse Buch der Heilpflanzen. Gesund durch die Heilkräfte der Natur. Hamburg: Nikol Verlagsgesellschaft mbH & Co. KG; 8. Auflage. 2019. |
2. | Blaschek W. (Herausgeber). Wichtl –Teedrogen und Phytopharmaka. Ein Handbuch für die Praxis. Stuttgart: Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft mbH; 6. Auflage. 2016. |
3. | Kooperation Phytopharmaka - Arzneimittellexikon: Spitzwegerich. |
4. | Niederegger O, Mayr C. Heilpflanzen der Alpen. Gesundheit aus der Natur von A bis Z. Innsbruck: Tyrolia-Verlag; 2006. |
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7. | Roche Lexikon Medizin. München und Jena: Verlag Urban & Fischer; 5. Auflage. 2003. |
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10. | Düll R, Kutzelnigg H. Taschenlexikon der Pflanzen Deutschlands. Ein botanisch-ökologischer Exkursionsbegleiter zu den wichtigsten Arten. Wiebelsheim: Quelle & Meyer; 6., völlig neu bearbeitete Auflage. 2005. |
11. | Heilpflanzenlexikon (awl ch): Spitzwegerich – Plantago lanceolata. 2024. |
12. | Medizinalpflanzen de: Plantaginis lanceolatae herba – Spitzwegerichkraut. Grundwerk Europäisches Arzneimittelbuch (Ph. Eur.); 5. Ausgabe. 2005. |
13. | Kraeuter-buch de: Spitzwegerich. 2025. |
14. | Bown D. Kräuter. Die grosse Enzyklopädie. Anbau und Verwendung. München: Dorling Kindersly; 2. Auflage. 2015. |
15. | Euro+Med Plantbase - the information resource for Euro-Mediterranean plant diversity: Plantago lanceolata. 2011. |
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