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Vitamin B6 (Pyridoxin)

Vitamin B6 ist ein wasserlösliches Vitamin, das bei etwa 100 enzymatischen Reaktionen beteiligt ist. Im Eiweissstoffwechsel nimmt es wichtige Rollen ein.

Fazit

Eine vegane Ernährung mit abwechslungsreichen Mahlzeiten aus Nüssen, Vollkorngetreide oder Pseudogetreide und Gemüse deckt den Bedarf an Vitamin B6 sehr gut.

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Die Versorgung mit Makro- und Mikronährstoffen ist bei einer ausgewogenen, pflanzenbasierten Ernährung mit wenig bis keinen industriell verarbeiteten Lebensmitteln in der Regel gegeben, mit Ausnahme von Vitamin B12. Doch vor allem sekundäre Pflanzenstoffe sind relevant für die Aufrechterhaltung der Gesundheit und Heilung von Krankheiten, obwohl sie nicht als essenzielle Nährstoffe gelten - ausser Vitamine.

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Definition

Vitamin B6 (Pyridoxin) ist ein essenzieller Nährstoff in der menschlichen Ernährung. In den 1930er Jahren entdeckten Rudolf Peters und Paul György, dass ein Mangel an Vitamin B6 bei Ratten zu schweren Hautverletzungen führte. György fand heraus, dass Vitamin B6 diese Krankheit heilen konnte. Weitere Studien zeigten ähnliche Effekte bei anderen Tieren. Schliesslich isolierte und kristallisierte Samuel Lepkovsky im Jahr 1938 das Vitamin B6.7

Vorkommen

Vitamin B6 ist in Lebensmitteln ubiquitär verbreitet.1 Alle drei Hauptformen kommen in unterschiedlicher Konzentration in fast allen pflanzlichen und tierischen Geweben vor. Man findet Pyridoxin vor allem in pflanzlichen (teilweise glykosyliert), Pyridoxal und Pyridoxamin vor allem in tierischen Lebensmitteln (teilweise phoshporyliert).2 Folgende Nahrungsmittel (Angabe in rohem Zustand, wenn nicht anders vermerkt) enthalten hohe Werte (mg/100g):3

Lager- und Zubereitungsverluste

Vitamin B6 ist sehr anfällig für Hitze und Licht. Ausserdem geht es während des Kochvorganges im Wasser verloren.4 Pyrodixin ist in pflanzlichen Lebensmittel relativ stabil. Wesentlich instabiler ist es in tierischen Nahrungsmitteln. Die Zubereitungsverluste bei schonender Lebensmittelverarbeitung betragen bis zu 20 %, beim Braten von Fleisch bis 40 %.5 Moderne Verarbeitungsmethoden wie Trocknung und Hitzebehandlung können zu Verlusten bis 50 % führen.4

Ernährung - Gesundheit

Vitamin B6 spielt eine entscheidende Rolle im zellulären Stoffwechsel und bei der Stressreaktion. Es ist ein wesentlicher Bestandteil von allen bekannten Organismen.8 Die Bioverfügbarkeit von Vitamin B6 beträgt bei einer gemischten westlichen Ernährung schätzungsweise >75 %. Bei Nahrungsergänzungsmittel ist die Bioverfügbarkeit >90 %.9

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Tagesbedarf auf lange Sicht

Wegen der Bedeutung im Aminosäurenstoffwechsel ist der Bedarf an die Proteinzufuhr gekoppelt. Man ermittelte experimentell einen Bedarf von 10-16 µg/g Protein. Für die Praxis rechnet man mit 20 µg/g Protein.2 Hieraus leiten sich Empfehlungen von 1,2 (Frau) bzw. 1,5 (Mann) mg/Tag ab. Schwangeren und Stillenden empfiehlt man eine tägliche Zufuhr von 1,9 mg. Man schätzt gravierende Versorgungslücken während Schwangerschaft und Stillzeit.1 Zudem sollten Frauen, die orale Kontrazeptiva einnehmen ihre Vitamin-B6-Zufuhr erhöhen.6

Im deutschsprachigen Raum ist die mittlere Zufuhr zwar ausreichend, aber 40 % der Erwachsenen und 50 % der Senioren erreichen die Empfehlungen nicht. Zudem diskutiert man wegen des hohen Proteingehalts in der durchschnittlichen Kost eine Erhöhung der Empfehlungen, da der Bedarf steigt bei hohem Proteinkonsum.2

Mangelerscheinungen bzw. Mangelsymptome

Da Vitamin B6 in fast allen Nahrungsmitteln enthalten ist, sind primäre, ernährungsbedingte Mangelerscheinungen selten.2 Ein Vitamin-B6-Mangel kommt meist in Verbindung mit einem Mangel an anderen B-Vitaminen vor, besonders Niacin und Riboflavin (Vitamin B2).4 Frühe Symptome sind unspezifisch.5 Es treten Appetitverlust, Durchfall und Erbrechen auf. Dann folgen:2,10

  • Seborrhoide Dermatitis: Fettige Schuppen an der Haut
  • Glossitis: Veränderungen auf der Zunge, verminderte Geschmacksempfindung
  • Blutarmut (Mikrozytäre, hypochrome Anämie): Wegen der gestörten Porphyrinsynthese und der damit verbundenen gestörten Eisennutzung sind die roten Blutkörperchen verkleinert.
  • Krämpfe, Störungen der Bewegungskoordination (Ataxie) und Lähmungserscheinungen (Paralyse): Ataxien und Paralysen hängen mit Störungen des Glutamatstoffwechsels zusammen. Spontan auftretende Krämpfe wegen Mangels an Gamma-Aminobuttersäure im Gehirn beruhen auf Vitamin-B6-Mangel, der zum Aktivitätsverlust der Glutamatdecarboxylase führt.
  • Depressionen: Den Neurotransmitter (Serotonin) produzierenden Enzymsystemen fehlt Vitamin B6. Zusätzlich entzieht der Körper der Serotoninsynthese Tryptophan (wegen des gesteigerten Abbaus von Tryptophan zu Xanthurensäure). Es kommt zum Serotoninmangel im Gehirn.

Ursachen:

  • Östrogenhaltige Kontrazeptiva: Östrogene bewirken eine Aktivitätssteigerung des Tryptophan abbauenden Enzymsystems, was den Bedarf an Vitamin B6 erhöht.
  • Erhöhter Proteinstoffwechsel: Schwangerschaft (Wachstum des Kindes), Stillen (Milchproduktion), chronische Krankheiten (Asthma, Rheuma, Krebs)
  • Verdauungsstörungen: Durchfall, Leberschäden und Darmreizungen setzen Resorption herab
  • Hohes Alter: schlechtere Verwertung
  • Aufnahme von Protein in grossen Mengen
  • Rauchen und Alkoholismus

Überversorgung

Zur Diskussion steht, ob im Alter erst mit einer deutlich über den üblichen Empfehlungen liegenden Zufuhr normale immunologische Funktionen gewährleistet sind.6 Dann existiert eine Vielzahl von pseudowissenschaftlichen Einsatzgebieten, wo man Megadosen (z.B. Bodybuilding) einsetzt. Dies ist nicht unproblematisch. Im Gegensatz zu anderen B-Vitaminen gibt es bei Vitamin B6 eine chronische Toxizität. Ab 150 mg/Tag über Monate muss man mit einer reversiblen, peripheren Neuropathie mit Gangstörungen, Reflexausfällen und Empfindungsstörungen rechnen.1 Eine Zufuhr bis 100 mg/Tag gilt als unbedenklich.6

Funktionen im Körper

Vitamin B6 ist in Form von Pyridoxal-5′-phosphat (PLP) als Coenzym an etwa 100 enzymatischen Reaktionen beteiligt, die sowohl in der Biologie als auch in der Medizin von grosser Bedeutung sind. Sie ermöglichen verschiedene biochemische Prozesse, insbesondere im Aminosäure- und Neurotransmitter-Stoffwechsel.11 Dabei wandeln die Enzyme Stoffe vielseitig um (Transaminierung, Decarboxylierung, Desaminierung).

Wichtige Funktionen sind:2,4,7,11

  • Blutzuckerstoffwechsel: Bereitstellung von Energie (Glukose) aus dem Abbau der Zuckerspeicher (Glykogen) und dem Aufbau von Glukose aus Stoffwechselprodukten (Glukoneogenese)
    • Glykogenabbau (Glykogenolyse): Vitamin B6 ist notwendig für die Umwandlung von Glykogen zu Glukose. Beim Glykogenabbau spielt Glykogenphosphorylase eine wichtige Rolle, deren Aktivität PLP-abhängig ist.
    • Glukoneogenese: Vitamin B6 ist ebenfalls an Enzymen (Transaminasen) in der Leber beteiligt, die notwendig sind zum Aufbau von Glukose aus Stoffwechselprodukten. Bei der Glukoneogenese bildet der Körper Glukose aus organischen Nicht-Kohlenhydratvorstufen wie Pyruvat, Oxalacetat und Dihydroxyacetonphosphat. Die Ausgangsstoffe stammen aus dem Proteinabbau und den Endprodukten des Muskelstoffwechsels.
  • Bildung von Niacin (Vitamin B3) aus der Aminosäure Tryptophan: PLP wirkt als Cofaktor beim Enzym Kynureninase, das beim Abbau von Tryptophan zu Niacin beteiligt ist
  • Fettstoffwechsel: Vitamin B6 ist wichtig für die Synthese von Fetten (Sphingolipide), die die Markscheide (Myelinscheide) für den Schutz des Nervenmarks (Myelin) bilden.
  • Aminosäurenstoffwechsel: Vitamin B6 ist beim Stoffwechsel und beim Austausch von Aminosäuren und der Synthese von neuen Proteinen (z.B. Kollagen) beteiligt. Zudem baut es zusammen mit der Aminosäure Serin Homocystein zu Cystathion ab, aus dem dann Cystein entsteht. Homocystein ist ein Stoffwechselgift und ein Risikofaktor für Herz-Kreislauferkrankungen.
  • Synthese von Neurotransmitter: Vitamin B6 ist beteiligt bei der Bildung von Serotonin (aus Tryptophan), Dopamin, Noradrenalin, Histamin und Gamma-Aminobuttersäure.
  • Rote Blutkörperchen: Vitamin B6 ist beteiligt bei der Bildung von Hämoglobin bzw. beim ersten Schritt der Porphyrinsynthese (Bildung von Delta-Aminolävulinsäure)
  • Weitere Funktionen: Immunsystem (Effekte auf Immunantwort), Hormonmodulation (Steroidhormone)

Aufnahme und Stoffwechsel

Enterale Synthese durch intestinale Bakterien kann die verfügbare Menge an Vitamin B6 erhöhen. Ballaststoffe und andere Vitamin-B6-Formen (z.B. Pyridoxinglykoside) können die Verfügbarkeit herabsetzen.

Resorption von Pyridoxin (PN), Pyridoxal (PL) und Pyridoxamin (PM) im Dünndarm erfolgt rasch durch einen nicht sättigbaren passiven Mechanismus. Zudem hydrolysieren Enzyme (alkalische Phosphatase) die phosphorylierten Formen (PNP, PLP, PMP) zu den resorbierbaren Formen (PN, PL, PM).11 Die Hydrolyse von glykosylierten Formen erfolgt unvollständig, weshalb deren Bioverfügbarkeit nur etwa 50 % beträgt. Es erfolgt dann in den Dünndarmzellen eine erneute Phoshporylierung mit Enzymen (Pyridoxalkinase).

Die Zellen können so das Vitamin zurückhalten ("metabolic trapping").2 Nach einer erneuten Dephosphorylierung erfolgt der Transport von PN, PL und PM in die Leber. Dort findet dann wieder eine Phosphorylierung statt. Zudem wandelt die Leber PNP und PMP in PLP um. PLP kann die Leber auch wieder zu PL hydrolysieren. Die Leber gibt beide Formen (PL, PLP) ins Blut ab. PL zirkuliert im Blut an Erythrozyten gebunden, PLP an Albumin gebunden. An PLP gebundenes Albumin hat eine sehr langsame Umsatzrate, was einer Depotform gleichkommt. Um in die Zielzellen zu gelangen erfolgt wieder eine Umwandlung von PLP zu PL. In den Zellen entsteht dann wieder PLP. Dieses steht nun als Coenzym vielen Reaktionen zur Verfügung.2

Speicherung - Verbrauch - Verluste

Der Gesamtkörperpool an Vitamin B6 schätzt man auf etwa 170 mg. Davon befinden sich 80-90 % in den Muskeln, grösstenteils an die Glykogenphosphorylase gebunden. Enzyme ("FAD") können PL zu PA oxidieren und es so über den Urin ausscheiden. Dies geschieht mit etwa 40-60 % der täglich aufgenommenen Menge an Vitamin B6. Die Ausscheidung über den Fäzes ist gering. Vitamin-B6-Stoffwechsel ist streng reguliert. Überschüsse scheidet der Körper in oxidierter Form aus. Die Umwandlung verschiedener Formen in PLP kann er hemmen, um eine Anreicherung und negative Interaktionen mit anderen Enzymen zu verhindern.2

Strukturen

Als Vitamin B6 bezeichnet man Vitamin-wirksamen Pyridine. Man unterscheidet drei Hauptformen. Die alkoholische Form Pyridoxol nennt man Pyridoxin (PN), die Aldehydform Pyrdioxal (PL) und die Aminform Pyridoxamin (PM). Alle drei Formen können auch phosphoryliert sein. Man nennt sie Pyridoxinphosphat (PNP), Pyridoxalphosphat (PLP) und Pyridoxaminphosphat (PMP). Alle 6 Substanzen sind als Vitamin B6 gleich wirksam, da der Körper sie ineinander umwandeln kann. Zudem gibt es auch glykosylierte Formen. Die im Körper bedeutendsten Substanzen sind PL und PLP. Hauptausscheidungsprodukt ist die Pyridoxinsäure (PA) via Urin. PA entsteht durch Oxidation von PL.1,11

Literaturverzeichnis - 11 Quellen

1.

US-Amerikanische Nährwertdatenbank USDA.

2.

Elmadfa I, Meyer A. Ernährungslehre. 3. Auflage. Eugen Ulmer Verlag: Stuttgart. 2015.

3.

Elmadfa I, Leitzmann C. Ernährung des Menschen. 5. Auflage. Eugen Ulmer Verlag: Stuttgart. 2015.

4.

Biesalski HK, Grimm P. Taschenatlas der Ernährung. 6. Auflage. Georg Thieme Verlag: Stuttgart und New York. 2015.

5.

Kasper H, Burghardt W. Ernährungsmedizin und Diätetik. 11. Auflage. Urban & Fischer Verlag: München. 2009.

6.

Zimmermann M, Schurgast H et al. Burgersteins Handbuch Nährstoffe. 9. Auflage. Karl F. Haug Verlag: Heidelberg. 2000.

7.

Rosenberg IH. A history of the isolation and identification of vitamin B(6). Ann Nutr Metab. 2012;61(3):236-238.

8.

Chen K, Liu L et al. Engineering and finetuning expression of SerC for balanced metabolic flux in vitamin B6 production. Synth Syst Biotechnol. 2024 Mar 20;9(2):388-398.

9.

Dror DK, Allen LH. Interventions with vitamins B6, B12 and C in pregnancy. Paediatr Perinat Epidemiol. 2012 Jul;26 Suppl 1:55-74.

10.

Chu V, Fascetti AJ et al. Factors influencing vitamin B6 status in domestic cats: age, disease, and body condition score. Sci Rep. 2024 Jan 23;14(1):2037.

11.

Rivero M, Novo N et al. Pyridoxal 5'-Phosphate Biosynthesis by Pyridox-(am)-ine 5'-Phosphate Oxidase: Species-Specific Features. Int J Mol Sci. 2024 Mar 9;25(6):3174.

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