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Stevia gibt es in vielen Formen zu kaufen, doch die natürlichste Variante sind die Blätter. Getrocknete Steviablätter (bio) (Stevia rebaudiana) bieten roh eine enorme Süsskraft ohne Kalorien.
Verwendung in der Küche
Stevia, getrocknet oder frisch, findet hauptsächlich als Süssungsmittel Verwendung. Das dafür verantwortliche Steviosid kommt besonders im asiatischen Raum im grossen Massstab als Süssstoff zum Einsatz. In Japan macht es ca. 40 % des Zuckerersatzstoffmarktes aus. Steviablätter sind im Vergleich zu Rübenzucker etwa 30 Mal süsser, die Stevioside sogar 150 bis 300 Mal. Ein Vorteil von Stevia ist dessen Temperaturstabilität, sodass es auch zum Backen und Kochen verwendbar ist. Im Gegensatz zum Zucker ist Stevia zahnfreundlich; es eignet sich sogar als Zusatzstoff in Zahnpasta.2,4
Leider ist der Geschmack nicht so neutral wie der von Haushaltszucker. Die Blätter sind etwas bitter. Der Geschmack ist mit Lakritze vergleichbar. Sie sollten Stevia nur sehr sparsam einsetzen – die Süsskraft ist überraschend stark. Zur einfacheren Anwendung können Sie die Steviablätter trocknen und zu einem Pulver weiterverarbeiten.
Die Herstellung eines Auszugs der Blätter ist für die weitere Verarbeitung praktisch. Dafür lassen Sie die Blätter zehn Minuten in heissem Wasser ziehen. In einer Flasche abgefüllt und im Kühlschrank aufbewahrt, können Sie dieses für ein paar Tage als flüssiges Süssungsmittel verwenden.
Die Blätter können Sie auch in frischer, roher Form verwenden. Zum Süssen von Tees reichen 1–2 frische oder getrocknete Blätter bzw. 1⁄4 TL pulverisierte Blätter pro Tasse. Mit 10 g Steviablättern können Sie ca. 18 l Tee süssen.4 Rohe Steviablätter eignen sich auch zum Süssen von Salaten, Eis oder anderen Süssspeisen.
Stevia lässt sich gut als 'Küchenkraut' im Garten oder als Topfpflanze am Fensterbrett kultivieren.
Besonders für Menschen, die aus gesundheitlichen Gründen auf Zucker verzichten müssen, aber nicht auf süsse Getränke verzichten möchten, ist das süsse Kraut sehr praktisch. Ursprünglich hatte Stevia vor allem einen Zweck: das Süssen von Mate-Tee.
In Steviablätter-Rezepten sind die Mengenangaben für die Zutat Stevia meist in Form von Pulver oder Extrakten. Daher eine kurze Beschreibung zur Herstellung dieser Zutaten:
Eigene Zubereitung von Steviapulver und Stevia-Extrakt
Zubereitung: Blätter (roh) vorsichtig von den Stielen entfernen. Grosse Blätter grob zerkleinern; so trocknen sie schneller. Stevia auf einem mit Backpapier ausgelegten Backblech ausbreiten. Darauf achten, dass die Blätter nicht überlappen. Bei der niedrigsten Backofen-Temperatur (meist 40 bis 50 Grad) die Stevia-Blätter trocknen. Fertig sind sie, wenn Sie die Blätter mit den Fingern zerbröseln können. Es ist zu empfehlen, die Backofentüre nicht ganz zu schliessen, damit die Feuchtigkeit entweichen kann. Alternativ können Sie die Steviablätter in einem Dörrgerät auf niedrigster Stufe trocknen.
Etwas ressourcenschonender ist es, Stevia-Zweige zu kleinen Büscheln zu binden und in einem warmen Raum aufgehängt zu trocknen. Am besten kein Wohnraum bzw. ein Raum mit wenig Staub.
Die getrockneten Blätter mit einem Mörser zu einem feinen Pulver weiterverarbeiten und in ein luftdichtes Gefäss füllen.
Im Anschluss lässt sich aus dem Steviapulver ein Stevia-Extrakt herstellen:
Zubereitung: 25 g Steviablattpulver in 500 ml Wasser ca. eineinhalb Stunden kochen, bis sich das Ganze auf 150 ml reduziert hat. 20 ml des Extrakts in einem Glas mit 200 ml Wasser ergeben die maximal akzeptable Menge des Extrakts und enthalten in etwa 250 mg Steviosid.1
Veganes Rezept für Zitronen-Eistee mit Stevia
Zutaten (2 Gläser): 10 g Tee-Blätter (schwarzer Tee), 20 ml Zitronensaft, 500 ml Wasser, 5 ml Stevia-Extrakt (bio) oder ca. 1⁄2 TL Steviapulver, Eiswürfel, etwas Zitronenmelisse (1 Stängel mit Blättern), 1 Zitrone in Scheiben geschnitten (bio!)
Zubereitung: 200 ml Wasser aufkochen und den Tee ca. 4 min darin ziehen lassen. Danach den Tee absieben und mit 300 ml kaltem Wasser vermischen. Denken Sie daran, dass Stevia um ein Vielfaches süsser ist als Zucker. Geben Sie zunächst eine kleine Menge Steviaextrakt (ein paar Tropfen) bzw. Steviapulver (etwa 1⁄8 Teelöffel) in den Tee. Gut umrühren. Schmecken Sie die Limonade ab und fügen Sie nach und nach mehr Stevia hinzu, bis Sie die gewünschte Süsse erreicht haben. Zitronensaft, Zitronenscheiben und Zitronenmelisse-Stängel hinzufügen. Umrühren und zwei Stunden im Kühlschrank abkühlen lassen. Mit Eiswürfeln servieren.
Vegane Rezepte mit Stevia finden Sie unter dem Hinweis: "Rezepte, die am meisten von dieser Zutat haben".
Nicht nur Veganer oder Vegetarier sollten das lesen: Veganer essen oft ungesund. Vermeidbare Ernährungsfehler. |
Einkauf - Lagerung
Die frischen Blätter haben in der gemässigten Klimazone im Herbst, in den Monaten September und Oktober, Saison – die Ernte erfolgt spätestens vor dem Frühfrost. Haben Sie eine Steviapflanze an einem warmen Platz im Haus, können Sie natürlich öfter ernten. In tropischen Regionen ernten LandwirtInnen bis zu fünfmal pro Jahr.4
Bei Grossverteilern wie Coop, Migros, Denner, Volg, Spar, Aldi, Lidl, Rewe, Edeka, Hofer oder Billa ist Stevia vorwiegend nur in verarbeiteter Form, als Steviolglycosid, erhältlich. Auch in Biosupermärkten, z.B. Denn's Biomarkt oder Alnatura, gibt es Stevia oft nur als Zusatzstoff in Getränken oder Zahnpasta. Steviapflanzen (frisch und roh) beziehen Sie am einfachsten von biologisch bewirtschafteten Gärtnereien. Steviapulver aus getrockneten Blättern ist am ehesten in Online-Shops oder in Apotheken erhältlich.
Die Verfügbarkeit von Stevia ist je nach Grösse des Ladens, Einzugsgebiet etc. unterschiedlich. Unsere erfassten Lebensmittelpreise für die D-A-CH-Länder finden Sie oben unter dem Zutatenbild - und mit Klick deren Entwicklung bei verschiedenen Anbietern.
Tipps zur Lagerung
Getrocknete Steviablätter halten sich, vor Licht, Feuchtigkeit und Schädlingen geschützt, jahrelang.
Inhaltsstoffe - Nährwerte - Kalorien
Zusammensetzung und Menge der Inhaltsstoffe, inkl. sekundäre Pflanzenstoffe, variieren extrem je nach Sorte, Wachstumsbedingungen und Verarbeitungsmethoden etc.
Realitätsnah zeigen wir Ihnen hier die Inhaltsstoffe von Gewürzen und Kräutern pro 1 g (statt pro 100 g wie üblich).
Der Kaloriengehalt von getrockneten Steviablättern beträgt ca. 1,46 kcal/1g, was weniger als die Hälfte von Haushaltszucker ist. Getrocknete Steviablätter enthalten (pro 1 g Trockenmasse) ca. 0,11 g Proteine, 0,77 g Kohlenhydrate, 0,04 g Lipide und 0,16 g Ballaststoffe.7 Die Nährwerte unterscheiden sich teils sehr in den verschiedenen Untersuchungen.6,7,8
Methionin, Mangan und Threonin sind die wichtigsten essenziellen Nährstoffe, die Steviablätter anbieten.7 Jedoch tragen sie und die Makronährstoffe wegen der kleinen Verzehrmenge nicht wesentlich zur Deckung des jeweiligen Tagesbedarfs bei. Weitaus wichtiger für den Gesundheitswert sind die sekundären Pflanzenstoffe in dieser Zutat, die nur schon in Spuren wirken können. Obwohl alle Kräuter und Gewürze sehr viele gesundheitsfördernde Inhaltsstoffe mitbringen, verzichten wir hier bewusst auf das substanzlose Modewort Superfood.
Wirkungen auf die Gesundheit
Sind Steviablätter gesund? In Untersuchungen konnten ForscherInnen einige positive gesundheitliche Effekte von Stevia feststellen:
Die Ergebnisse einer Metaanalyse aus dem Jahr 2022 stützen die Hypothese, dass Steviablätter eine antihyperglykämische Wirkung haben und den Blutzuckerspiegel senken. Es seien aber noch weitere klinische Studien an Tieren und Menschen erforderlich, um die antidiabetischen und antihyperglykämischen Effekte sowie die Wirksamkeit und Sicherheit dieser Heilpflanze zu untersuchen.15
Eine Übersichtsstudie aus dem Jahr 2024 lässt sich wie folgt zusammenfassen: Stevia hat antidiabetische Eigenschaften und kann den Blutzuckerspiegel regulieren. In einer Studie zeigten ForscherInnen, dass die orale Einnahme von Stevia-Blattpulver sowohl den Nüchternblutzucker als auch den postprandialen (nach dem Essen) Blutzuckerspiegel signifikant senken kann. Das deutet darauf hin, dass Stevia die biochemischen Parameter im Zusammenhang mit Typ-2-Diabetes positiv beeinflussen kann. Im Gegensatz zu künstlichen Süssstoffen wie Saccharin und Sucralose beeinträchtigt Stevia die Glukosetoleranz bei gesunden Erwachsenen nicht. Zu diesem Ergebnis kamen ForscherInnen in einer Meta-Analyse, die zeigte, dass Stevia im Vergleich zu anderen Süssstoffen keine negativen Auswirkungen auf die Glukosetoleranz hat. Stevia scheint die Insulinausschüttung nicht direkt zu stimulieren, sondern wirkt eher durch die Regulierung des Blutzuckerspiegels. Dies macht es zu einer geeigneten Alternative für Menschen mit Diabetes, da es keine plötzlichen Insulinspitzen verursacht.16,17
Extrakte aus S. rebaudiana und gereinigte Steviolglykosid-Süssstoffe sind seit vielen Jahren in Argentinien, Brasilien, Japan, Südkorea, China, Peru und Russland als Lebensmittelzusatzstoffe zugelassen. Gegenwärtig ist in Europa die Sicherheit von Steviolglykosiden als Lebensmittelzusatzstoff (E960) genehmigt. Dennoch versuchen ForscherInnen weiterhin, jeden einzelnen chemischen Bestandteil, der aus der Pflanze isolierbar ist, zu untersuchen.16 Aussagen über die Wirkungen von Stevia könnten sich also durchaus noch ändern, insbesondere über den Konsum von extrahierten einzelnen sekundären Pflanzenstoffen. Unser Fazit: Stevia besser nur in kleinen Mengen und gelegentlich geniesssen, ganze Blätter sind den Extrakten vorzuziehen – und entscheidend ist, wie der eigene Körper darauf reagiert. Hinterfragen Sie, wie viel extra Süsse wirklich nötig ist.
Auch Zuckeralternativen enthalten viel freien Zucker. |
Sekundäre Pflanzenstoffe
Unser Artikel über sekundäre Pflanzenstoffe bietet einen Überblick über die Klassifizierung der Stoffgruppen, das Vorkommen in Lebensmitteln und mögliche Wirkungen auf den Menschen. Stevia enthält u.a. folgende sekundäre Pflanzenstoffe:4
- Isoprenoide: Monoterpene und -terpenoide (Ätherische Öle [Nerolidol, Geraniol, Spathulenol]), Sesquiterpenoide (Caryophyllenoxid), Diterpene (Steviosid, Rebauside, Dulcoside, 6-O-Acetylaustoinulin, Austroinulin, Jhanol), Carotinoide (Beta-Carotin)
- Polyphenole: Flavonoide (Flavone [Apigenin, Luteolin, Kaempferol, Quercetin, Quercitrin])
Die Blätter enthalten als Hauptkomponente das Diterpen Steviosid. Dieses verfügt über eine ausserordentlich hohe Süsskraft, die diejenige der Saccharose um das 250 bis 300-fache übertrifft. Neben Steviosid kommen noch süsse Diterpene, die Rebauside und Dulcoside (0,7 %), vor. Rebaudiosid A (4 %) hat einen neutraleren Geschmack und eine stärkere Süsskraft als Steviosid. Es liegen noch Diterpene ohne Süsskraft, z.B. 6-O-Acetylaustoinulin, Austroinulin, Jhanol, vor.4
ForscherInnen haben bisher mehr als 40 verschiedene Steviol-Glykoside, die zu den sekundären Pflanzenstoffen gehören, in Stevia rebaudiana identifiziert. Diese Glykoside variieren in ihrer Konzentration und Süsskraft, wobei Steviosid (4–13 % der Trockenmasse) und Rebaudiosid A (2–4 %) die Hauptbestandteile sind.16
Aufgrund der Diterpene (v.a. Steviosid) der Droge kommt es zu einer Blutdrucksenkung (750-1500 mg Steviosid tgl.). Die Datenlage ist jedoch uneinheitlich.4 Steviosid senkte den Blutdruck bei Ratten. Steviosid senkte auch den Blutdruck von Menschen, wobei sich in dieser Studie in der Placebo-Gruppe ähnliche Ergebnisse zeigten.6 Ebenfalls eine Erweiterung der Blutgefässe konnten ForscherInnen in Zusammenhang mit Stevia beobachten.4,6
Ausserdem konnten ForscherInnen antimikrobielle Eigenschaften feststellen. Am wirkungsvollsten scheinen methanolische Extrakte zu sein. Stevia hemmt u.a. Staphylococcus aureus sowie kariogene Bakterien wie Streptococcus mutans und Lactobacillus acidophilus. Bei Harnwegsinfekten zeigte sich zusammen mit einem Penicillinantibiotikum eine synergetische Wirkung. Stevia hat auch eine antikariöse Wirkung und hemmt die Plaquebildung. Daher findet das Kraut auch Anwendung in der Zahnpflege. Ebenso soll eine hautverbessernde Wirkung vorliegen.4
WissenschaftlerInnen konnten nachweisen, dass Steviaextrakte eine antiinflammatorische und eine immunmodulierende Wirkung haben. Aufgrund des hohen Gehalts an phenolischen Komponenten hat Stevia auch eine ausgeprägte antioxidative Aktivität (v.a. bei Zubereitungen aus fermentierten Blättern).4,6
Hinweise bestehen auf eine hypoglykämische Wirkung. Stevia verursacht eine vermehrte Freisetzung von "Humaninsulin" und eine Senkung des Blutzuckerspiegels (zumindest bei diabetischen Ratten). In vitro hemmen Steviaextrakte die Aktivität von Alpha-Amylase und Alpha-Glucosidase (= langsamerer Abbau von Kohlenhydraten/verminderte Blutzuckerschwankungen). Es zeigte sich auch eine Suppression von Glukagon (Gegenspieler von "Humaninsulin") sowie eine verminderte Insulinresistenz.4,6
Stevia hat ebenfalls Auswirkungen auf Fettleibigkeit und das metabolische Syndrom. Potenzielle Wirkungen von Stevia bzw. Studienergebnisse in diesem Zusammenhang zeigen: Anstieg des Carnitinspiegels; Rückgang des Tricylglyceridspiegels in der Leber von mit fettreicher Nahrung gefütterten Mäusen; Verringerung der Körpergewichtszunahme, der Futteraufnahme, des Gesamtcholesterins, der Triglyceride und Lipoproteine niedriger Dichte bei mit einer fettreichen Diät gefütterten Ratten; Verbesserung der metabolischen, oxidativen und histopathologischen Indizes in einem Rattenmodell (metabolisches Syndrom).11,6
Stevia-Verbindungen verbessern scheinbar die Nierenfunktion, regulieren Blutdruck und Elektrolythaushalt und haben potenzielles therapeutisches Potenzial bei Nierenerkrankungen (z. B. Zystennieren, chronische Niereninsuffizienz).6
Steviol hemmt die Vermehrung menschlicher Krebszellen des Magen-Darm-Trakts, blockiert die frühe Induktion eines Epstein-Barr-Virus und zeigt eine hohe Zytotoxizität für Krebszellen und eine geringere für normale Zellen. Steviosid reduziert die Lebensfähigkeit von Dickdarmkrebszellen, hemmt die DNA-Synthese und induziert den apoptotischen Tod von Krebszellen durch mitochondriale Apoptose.6
Gefahren - Unverträglichkeiten - Nebenwirkungen
Sind Steviablätter ungesund? Die meisten Forschungsarbeiten und behördlichen Überprüfungen, darunter die der FDA, kommen zu dem Schluss, dass Stevia bei Einhaltung der empfohlenen Grenzwerte sicher ist.14 Einige Studien haben jedoch Bedenken hinsichtlich möglicher Auswirkungen auf die Darmflora, Hormone und den Stoffwechsel geäussert, wobei die Beweise bislang nicht schlüssig sind.
Steviablattpulver enthält in etwa 5-10 % Steviosid. Die Höchstgrenze für den menschlichen Verzehr liegt bei 7938 mg pro kg Körpergewicht oder 476,28 mg pro Tag.1 Für das Steviosid sind allgemeine Höchstwerte vorgeschrieben. Die EFSA legt eine Tagesdosis bei 4 mg/kg Körpergewicht für Steviaglycoside mit mehr als 95-prozentiger Reinheit fest.4
Den Ergebnissen einer früheren Studie zufolge verringerte Stevia-Extrakt die Fruchtbarkeit von Ratten um bis zu 21 % im Vergleich zu einer Kontrollgruppe. Die Fruchtbarkeit blieb auch nach einer Erholungsphase von 50 bis 60 Tagen um 47 % reduziert. Bei mit Stevia behandelten Ratten beobachteten ForscherInnen eine Abnahme des relativen Gewichts von Samenblase und Hoden sowie eine signifikante Abnahme der Anzahl der eingelagerten Spermien.7 Andere Studien konnten diese Wirkung aber nicht bestätigen.
Ein Beweis für die Sicherheit von Stevia ist die Tatsache, dass die Paraguayer seit über 1500 Jahren ununterbrochen Stevia konsumieren, ohne dass es Berichte über unerwünschte Wirkungen gibt. Eine weitere Bestätigung für die Sicherheit des Stevia-Konsums ist das Fehlen von Berichten über Nebenwirkungen jeglicher Art in der japanischen Bevölkerung, die Stevia in grossen Mengen konsumiert. Die meisten Studien zu den Auswirkungen von Stevia auf den menschlichen Körper haben keine Nebenwirkungen gezeigt. Es ist jedoch zu beachten, dass nicht alle verkauften Stevia-Produkte von hoher Qualität sind.7
Nach Meinung einer Expertenkommission für Lebensmittelzusatzstoffe der Welternährungsorganisation und der WHO (JECFA: Joint FAO/WHO Expert Committee on Food Additives) gilt eine Höchstmenge an Steviosid von 2 mg/kg Körpergewicht als unbedenklich.4
Viele Zuckeralternativen enthalten grosse Mengen an freien Zucker. |
Volksmedizin - Naturheilkunde
Traditionelle Anwendungsgebiete sind Erschöpfungszustände, Übergewicht, Hypertonie und Diabetes mellitus. Äusserlich angewendet soll Stevia bei Ekzemen, Psoriasis (Schuppenflechte) und Wunden, wie auch gegen Falten helfen. Stevia ist ein wichtiger Bestandteil der traditionellen Medizin Brasiliens und Paraguays.4
Ökologischer Fussabdruck - Tierwohl
Der CO2-Fussabdruck für die Produktion von Rebausid A beträgt etwa 20,25 kg CO2eq/kg auf Massenbasis. Weisser Rohrzucker hingegen weist einen CO2-Fussabdruck von nur 0,38-0,8 kg CO2eq/kg auf.10 Da Stevia einen deutlich höheren Süssungswert aufweist, ist der direkte Vergleich jedoch nicht aussagekräftig. Auf Basis der Süssstoffäquivalent weist Stevia einen Wert von 0,081 kg CO2eq/kg auf, verursacht demnach nur etwa 5,7 % bis 10,2 % des Treibhauspotenzials der Rohrzuckerherstellung. Die ForscherInnen der zugrundeliegenden Untersuchung schlussfolgerten, dass Rebausid ein ressourcenschonenderes Süssungsmittel darstellt.9 In der zugrundeliegenden Studie kam 'Rebausid A' aus kleinen Landwirtschaftsbetrieben. Landwirte bewirtschafteten durchschnittlich allein 0,83 ha Land. Ein grösserer Anbau von Stevia könnte zu einer höheren Effizienz und Umweltverträglichkeit führen, als diese Studie darstellt.9
Wir konnten leider keine verlässlichen Zahlen zum Wasser-Fussabdruck von Stevia finden. Ein Steviaproduzent nennt einen um 92 % geringeren Wasserverbrauch als den von Rübenzucker und um 95 % geringeren als den von Rohrzucker.13 Diese Werte sind nicht belegbar und mit Vorsicht zu geniessen.
Um den ökologischen Fussabdruck so klein wie möglich zu halten, können Sie Stevia selbst anbauen. Dadurch entfallen unnötige Transportwege und Verpackungen.
Stevia überzeugt mit seiner Süssungskraft, ohne die gängigerweise damit einhergehenden negativen Effekte auf den Körper. Dies machen sich heutzutage auch viele Grosskonzerne zum Nutzen - allein im Jahr 2015 belief sich die Steviaindustrie schätzungsweise auf 492 Millionen Dollar pro Jahr. Allerdings profitieren von dieser Industrie nicht die Menschen, auf deren Wissen die Nutzung der Pflanze basiert - die Guarani in Paraguay, sondern grosse Unternehmen wie Coca-Cola oder Pepsi. Manche ExpertInnen sprechen in diesem Zusammenhang sogar von Biopiraterie: Aussenstehende Akteure oder Unternehmen greifen auf indigenes Wissen zurück und verwerten es zu eigenen Zwecken.12
Ausführliche Erläuterungen zu verschiedenen Nachhaltigkeitsindikatoren (wie z.B. ökologischer Fussabdruck, CO2-Fussabdruck, Wasser-Fussabdruck) lesen Sie in unserem Artikel: Was bedeutet der ökologische Fussabdruck?
Weltweites Vorkommen - Anbau
In seinem ursprünglichen Verbreitungsgebiet ist Stevia aufgrund seiner Süsskraft seit Jahrhunderten in Verwendung. Die Guarani nutzen Stevia (kaà heè) zum Süssen des Mate-Tees. Im Grenzgebiet zwischen Paraguay und Brasilien ist Stevia heimisch. LandwirtInnen kultivieren das Kraut aber in vielen Ländern Südamerikas sowie Asiens. Die Pflanze ist zwar mehrjährig, meist kultivieren LandwirtInnen sie aber einjährig, vor allem, weil sie keinen Frost verträgt.4
Über spanische Konquistadoren kam Stevia im 17. Jh. nach Europa. 1888 untersuchte Dr. Moiseés Santiago Bertoni die Pflanze erstmals wissenschaftlich.4
Anbau - Ernte
Stevia bevorzugt sandige, lehmige, humusreiche Böden vulkanischen Ursprungs. Sie erreicht durchschnittlich eine Höhe von 40 cm und hat einen kräftigen Wurzelstock mit flachgründiger, auffallend walzenförmiger Wurzel. Die unteren Stammanteile sind leicht flaumig behaart und verholzt. Die gegenständig angeordneten, 2–4 cm grossen Blätter sind lanzettlich oder spatelförmig sowie leicht drüsig behaart. Ihr Rand ist im Oberteil gesägt, im unteren Bereich ganzrandig. Die kleinen weissen Blüten, die purpurfarbene Hüllkelchblätter aufweisen, sind in Trugdolden angeordnet.3,4
Von einer Pflanze können Sie in etwa 15-35 g Blätter ernten. Bei optimalen Temperaturbedingungen wächst sie ca. sechs Jahre und die Ernte erfolgt ca. 5-mal im Jahr.4
Industrielle Herstellung
Als Süssungsmittel für Getränke und andere Nahrungsmittel kommt insbesondere das Diterpen Steviosid zum Einsatz. Durch Extraktion der Blätter mit Wasser und anschliessenden Konzentrations- und Reinigungsschritten entsteht Steviosid in kristalliner Form. Seit Ende 2011 besteht in der EU eine Zulassung als Lebensmittelzusatzstoff.4
Weiterführende Informationen
Der in Amerika anzutreffende, mehrjährige Halbstrauch gehört zur Familie der Korbblütler (Fam. Asteraceae). Der Gattungsname Stevia bezieht sich in latinisierter Form (stevius) auf Pedro James Esteve, einen Arzt und Botaniker des 16. Jh. Der Artname reubaudiana nimmt Bezug auf den paraguayischen Chemiker Ovid Rebaudi, der im Jahr 1900 zwei Wirkstoffe der Pflanze, einen süssen und einen bitteren, isolierte.4
Die Gattung umfasst etwa 230 Arten. Ihr Verbreitungsgebiet erstreckt sich von den südlichen Staaten der USA bis nach Argentinien.4
Alternative Namen
Auf Englisch heisst das Kraut 'candyleaf', 'sweetleaf', 'sugarleaf' oder 'stevia'. Deutsche Alternativnamen sind Süsskraut oder Honigkraut. Die Drogenbezeichnung lautet 'Stevia rebaudianae folium'.
Sonstige Anwendungen
Der Lebensmittelzusatzstoff Steviolglycosid (E960) basiert auf Steviablättern.5
Literaturverzeichnis - 17 Quellen
1. | Mogra R, Dashora V. Exploring the Use of Stevia rebaudiana as a Sweetener in Comparison with Other Sweeteners. Journal of Human Ecology. Februar 2009;25(2):117–20. |
2. | Gardner E. Alternative Sugars: Stevia. Br Dent J. 2017;223(5):311–311. |
3. | Heistinger A. Kräuter richtig anbauen: Das Praxisbuch für Biogarten, Topf und Balkon. Innsbruch: Löwenzahn; 2016:300. |
4. | Bäumler S. Heilpflanzenpraxis Heute: Arzneipflanzenporträts [E-Book]. 3. Auflage. München: Elsevier; 2021. |
5. | Amtsblatt der Europaischen Union: Verordnung (EU) 2021/1156 der Kommission vom 13. Juli 2021 zur Änderung des Anhangs II der Verordnung (EG) Nr. 1333/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates und des Anhangs der Verordnung (EU) Nr. 231/2012 der Kommission hinsichtlich Steviolglycosiden (E 960) und Rebaudiosid M, das durch Enzymmodifikation von Steviolglycosiden aus Stevia hergestellt wird. |
6. | Peteliuk V, Rybchuk L et al. Natural Sweetener Stevia rebaudiana: Functionalities, Health Benefits and Potential Risks. EXCLI J. 2021;20:1412–1430. |
7. | Abou-Arab AE, Abou-Arab AA et al. Physico-Chemical Assessment of Natural Sweeteners Steviosides Produced from Stevia rebaudiana Bertoni Plant. African Journal of Food Science. 2010;4(5):269-281. |
8. | Kim IS, Yang M et al. The Antioxidant Activity and the Bioactive Compound Content of Stevia rebaudiana Water Extracts. LWT - Food Science and Technology. 2011;44(5):1328–1332. |
9. | Suckling J, Morse S et al. Environmental Life Cycle Assessment of Production of the High-Intensity Sweetener Steviol Glycosides from Stevia rebaudiana Leaf Grown in Europe: The SWEET Project. Int J Life Cycle Assess. 2023;28(3):221–233. |
10. | Rein PW. The Carbon Footprint of Sugar. Sugar Industry. 2010;427–434. |
11. | Stamataki NS, Scott C et al. Stevia Beverage Consumption prior to Lunch Reduces Appetite and Total Energy Intake without Affecting Glycemia or Attentional Bias to Food Cues: A Double Blind Randomized Controlled Trial in Healthy Adults. The Journal of Nutrition. Mai 2020;150(5):1126–1134. |
12. | Atlas Obscura. The Indigenous Tribes Fighting to Reclaim Stevia From Coca-Cola. 2023. |
13. | Ashwell M. Stevia, Nature’s Zero-Calorie Sustainable Sweetener: A New Player in the Fight Against Obesity. Nutrition Today. 2015;50(3):129. |
14. | FDA Food and Drug Administration. GRAS Notice 768: Stevia Leaf Extract. |
15. | Chowdhury AI, Rahanur Alam M et al. Effect of Stevia Leaves (Stevia rebaudiana Bertoni) on Diabetes: A Systematic Review and Meta‐Analysis of Preclinical Studies. Food Science & Nutrition. 2022;10(9):2868–2878. |
16. | Muñoz-Labrador A, Hernandez-Hernandez O, Moreno FJ. A Review of the State of Sweetener Science: The Natural Versus Artificial Non Caloric Sweeteners Debate. Stevia rebaudiana and Siraitia grosvenorii into the Spotlight. Critical Reviews in Biotechnology. 2024;44(6):1080–1102. |
17. | Suez J, Cohen Y et al. Personalized Microbiome-Driven Effects of Non-Nutritive Sweeteners on Human Glucose Tolerance. Cell. 2022;185(18):3307-3328.e19. |
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