Stiftung Gesundheit & Ernährung
S t i f t u n g
Gesundheit & Ernährung
Schweiz
QR Code
Beste Aussichten für Ihre Gesundheit

Selen, Se (Selenium, Halbmetall)

Das Halbmetall Selen (Se, Selenium) kann wie Iod (Jod) in einigen Gegenden zu wenig vorkommen. Es spielt im Körper aber eine wichtige Rolle und ist essentiell.

Fazit:

Genügende Aufnahme von Selen ist lebenswichtig. Besonders in Teilen Europas und Asiens gibt es Gegenden mit wenig Selen im Boden. Da sind Massnahmen notwendig.

Lassen Sie ihren Ernährungsstatus im Blut überprüfen. Allenfalls können regelmässig eingenommene Paranüsse die Lösung bieten, wenn man die Herkunft kennt. Sonst kann das problematisch sein.

CLICK FOR: Zutaten mit höchsten Werten

Ist Selen (Se) lebenswichtig?

Der Selengehalt in pflanzlichen Lebensmitteln variiert je nach Anbaugebiet stark, da er direkt vom Selengehalt der Böden abhängig ist. Die Pflanzen benötigen Selen nicht, während es für uns ein notwendiges Element (essentiell) ist. Auch ein Zuviel kann ein grosses Problem bedeuten und ist relativ rasch erreicht. Der Mensch hat 25 Gene, die für Selenproteine kodieren. Allerdings sind nur für 15 dieser Proteine gewisse Funktionen davon bekannt. Die drei Enzyme DIO1, DIO2 und DIO3 stellen eine direkte Verbindung zwischen Jod und Selen dar.1

Einige Metaanalysen zeigen deutlich geringeres Auftreten von kanzerogenen Erkrankungen und kardiovaskulären Erkrankungen wenn der Mensch genügend Selen aufnimmt. Bei Krebs betrifft das vor allem Lungenkrebs und Prostatakrebs. Bei acht Studien von 2009 über die Cochrane Library - mit bis zu 152'538 Teilnehmern zeigten alleinige Erhöhung des Serumspiegels eine hohe Krebsprävention.2

Warum ist das vor allem in gewissen Gegenden wichtig?

In Nordamerika sind Böden nahezu überall reich an Selen. Einigermassen natürliche und vielfältige Ernährung deckt dort den Bedarf fast immer. In gewissen Gegenden Asiens und in Mitteleuropa deckt dieses Halbmetall unseren Bedarf nicht. Generell sind saure oder vulkanische Böden arm an Selen. Geografisch sind besonders niedrige Anteile von Selen im Boden in Teilen von Skandinavien, China und Neuseeland zu finden.

Das zeigt sich z.B. im Rückgang der täglichen Se-Zufuhr in Grossbritannien weil man für die Brotherstellung nicht mehr nordamerikanischen Weizen verwendet, der zehn Mal mehr Se enthält als der Britische Weizen. Siehe da auch British Geological Survey im Se-Deficiency-Gürtel Chinas.3

Finnland hat seine Situation geändert. Seit 1984 ergänzt man dort mit Multimineraldünger in Form von Natriumselenat mit 16 mg/kg Dünger für die Getreideproduktion und 6 mg/kg für die Futterproduktion. Damit stieg die Se-Konzentration im menschlichen Serum bis 1989 um 70 % an. Die in den Boden eingebrachte Menge konnte man nach ein paar Jahren senken.4 Slowenien scheint solche und andere Massnahmen zu prüfen.5

Woher kann ein Mangel sonst noch entstehen?

Auch in anderen Gegenden kann es zu Mangel an Selen kommen. Das vor allem bei Veganern und alten Menschen. Auch Malabsorption, einseitige Ernährung (z.B. bei Alkoholikern) und Medikamente können für einen Selenmangel ursächlich sein, um nur die wichtigsten Gründe zu nennen.

Welche veganen Lebensmittel enthalten viel Selen?

Es gibt Pflanzen, die Selen stark anreichern können. Dazu gehört der Paranussbaum. 1-3 Paranüsse (Selengehalt: 1917 µg/100g)6 decken somit theoretisch den durchschnittlichen Tagesbedarf, wenn Sie aus Bolivien stammen. Doch auch da ist der Gehaltsunterschied sehr gross. Siehe im Text über die Paranuss.

Hingegen aus Brasilien bringen einige Gegenden Paranüsse von 3 µg/100g (Chang 1995) bis 25'300 µg/100g (Secor 1989). Das sind einzelne Ausnahmen, doch auch der Durchschnitt schwankt da zwischen 280 µg/100g (Secor 1989) und 4'390 µg/100g (für Autazes bei Patcheco 2007). Silvva Junior EC schreibt das so: Die mittlere Se-Konzentration in Paranüssen schwankte zwischen 2,07 mg / kg (Mato Grosso) und 68,15 mg / kg (Amazonas). Je nach Herkunft könnte eine einzelne Paranuss also von 11% (im Bundesstaat Mato Grosso) bis zu 288% (im Amazonasstaat) den täglichen Se-Bedarf eines erwachsenen Mannes (70 μg) decken. 14

Mit täglich vier Nüssen (zu netto 10 g) aus Brasilien hätten wir die tolerable Menge von 300 µg der European Food Safety Authority (EFSA) und auch die vom Institute of Medicine (IoM, heute National Academy of Medicine, NAM) mit 400 µg regelmässig überschritten und würden uns schaden. Bei Kleinkindern beträgt dieser Tolerable Upper Intake Level (UL) 60 µg pro Tag!

Steinpilze hätte auch einen sehr hohen Anteil an Selen, doch ist auch da das Vorkommen je nach Gegend sehr schwankend und wild wachsende Pilze können noch immer wegen dem Vorfall Tschernobil in Europa belastet sein. Zudem enthalten wilde Pilze wie auch Fische und andere Meerestiere manchmal eine hohe Belastung an Schwermetallen wie Quecksilber.

Samen, vor allem junge Gerstensämlinge, grünes Gemüse, Shiitake-Pilze und Champignons sind ausgezeichnete organische Selenquellen in Regionen mit ausreichendem Selengehalt im Boden.7

Der Brasilianische Mandel-Egerling, kurz Mandelpilz, Sonnenpilz oder Lebenspilz (Agaricus subrufescens Peck, ex Agaricus blazei Murrill (ABM), ex Agaricus brasiliensis) hätte zumindest wenn in Brasilien gewachsen mehrfach höheren Selengehalt als unser Steinpilz. Es ist ein eng Verwandter des Champignons. Doch geschäftstüchtige Händler verkaufen ihn als Vitalpilz oder Pilz des Gottes oder mit dem asiatischen Namen Himematsutake - entscheidend wäre da zudem woher stammend.

Zutat6 Se µg/100g Bemerkungen
Paranuss ohne Schale (Bolivien) 1917 Se kann sehr schwankend sein
Steinpilze 184 Können zu viel Quecksilber enthalten.
Schwarzer Senf 104 Samen, roh
Hartweizen aus Nordamerika 89 Weizenmehl, Vollkorn 62 µg
Kamut 82
Ingwer, gemahlen 56
Chia Samen, getrocknet 55
Sonnenblumenkerne, getrocknet 53
Sesam, ganz 34
Pintobohne 28
Echter Koriander, Samen 26
Leinsamen 25

Zu weiteren pflanzlichen Selenquellen zählen Cashewkerne (22), Kakaopulver (14), Kokosfleisch (10), Quinoa (8), Pistazien (6) und Erdnüsse (6).6,11,13

Gibt es Lager- und Zubereitungsverluste?

Prozesstechnische Eingriffe können den Selen-Gehalt von Lebensmitteln erheblich reduzieren. So enthält z.B. Vollkornreis 15-mal mehr Selen als polierter Reis und Vollkornmehl durchschnittlich doppelt so viel wie Weissmehl.6

Ganz im Gegensatz zu gewissen Vitaminen, kann man durch Lagerung und Zubereitung kein Selen verlieren.

Ernährung / Gesundheit:

Als essentielles Spurenelement ist Selen (Se) Bestandteil der 21. proteinogenen Aminosäure Selenocystein. Wegen seiner hohen Reaktivität mit Sauerstoff spielt Selen eine wichtige Rolle beim Schutz der Zellmembranen vor oxidativer Zerstörung (Radikalfänger). Selenocystein ist auch am Katalysemechanismus weiterer Enzyme beteiligt und in vielen Proteinen enthalten.

Nicht nur Veganer oder Vegetarier sollten das lesen:
Veganer essen oft ungesund. Vermeidbare Ernährungsfehler.

Tagesbedarf auf lange Sicht:

Ein exakter Bedarf lässt sich derzeit nicht ermitteln. Im deutschsprachigen Raum empfiehlt man für Erwachsene eine tägliche Zufuhr von 30 bis 70 µg. Die tatsächliche Zufuhr liegt bei ca. 40 µg pro Tag.8 Daneben gibt es in der EU Empfehlungen von 55 µg pro Tag.9 Teile der Bevölkerung erreichen diesen Wert nicht.10

Mangelsymptome:

Ein Selenmangelrisiko entsteht bei einseitiger Ernährung, bei chronischem Durchfall, chronisch entzündlichen Darmerkrankungen und Blutverlust.10 Erste Symptome einer starken Mangelversorgung sind Erkrankungen an Muskel, Leber und Herz und Veränderungen an Nägeln und Haaren.11 Ausgeprägten Selenmangel beobachtete man bisher in Gebieten in China, wo tägliche Selenaufnahmen unter 11 µg zu Herzerkrankungen (Keshan Disease) und Todesfällen führten.9

Überversorgung:

Chronisch toxisch ist Selen ab 8 µg pro Tag und kg Körpergewicht, also für eine Person von 70 kg Gewicht sind das 0,56 mg. Anzeichen einer Vergiftung sind Leberzirrhose, Haarausfall, Herzmuskelschwäche und Polyneuropathien.11 Die Atemluft nimmt einen knoblauchartigen Geruch (Dimethylselenid) an.9 Anorganische Formen sind toxischer als organische Formen.11

Funktionen im Körper etc.:

Die Bedeutung von Selen liegt in speziellen selenhaltigen Proteinen, von denen heute über 20 bekannt sind aber nicht alle Funktionen, die sie ausüben.

  • Antioxidatives Schutzsystem: Am bekanntesten ist die Selen enthaltene Glutathion-Peroxidase. Diese macht Peroxide wie Wasserstoffperoxid (H2O2) oder Fettperoxide unschädlich und stellt zusammen mit anderen Verbindungen (Superoxiddismutase, Katalase, GSH-Transferase, Vitamin C und E) einen wichtigen Schutzfaktor im Körper dar.9 Die Glutathion-Peroxidase ist besonders in der Leber, in roten Blutkörperchen und Blutplättchen aktiv.11
  • Schilddrüsenstoffwechsel: Selen ist Bestandteil von Enzymen (Dejodasen), die Schilddrüsenhormone aktivieren oder inaktivieren.
  • Schwermetallentgiftung: Selen wirkt einer Toxizität von Cadmium, Quecksilber, Thallium und Silber entgegen, da es stabile Schwermetallselenide bildet, die eine Bindung an wichtigen Proteine verhindern.11
  • Immunsystem: Antioxidative Vitamine und Selen sind effektive Stimulatoren der humoralen und zellulären Immunität.11

Was bewirkt Selen in unserem Körper?

Zusätzlich zu den am Anfang erwähnten wichtigen Aufgaben gibt es weit mehr. Die Bedeutung des Selens für die Stoffwechselprozesse des Menschen hat man erst in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts erkannt und auch nur ansatzweise (Wikipedia unter Selenmangel). Beispiele von Vorgängen im Körper:

Iodothyronin-Deiodinasen, die inaktives "Thyrox.." (T4) in das aktive Schilddrüsenhormon "Triiodothyr...." (T3) umwandeln, sind Selen-abhängig. Eine Schilddrüsenunterfunktion (Hypothyreose), vor allem durch Mangel an Schilddrüsenhormonen T4 und T3, zeigt sich erst mit der Zeit, meist beginnend mit Gewichtszunahme und Antriebslosigkeit.

Selen spielt eine Rolle für das Funktionieren des Immunsystems und das Fortschreiten von HIV zu AIDS. Ein Selenmangel ist mit kardiovaskulären Erkrankungen, Unfruchtbarkeit, myodegenerativen Erkrankungen und kognitivem Rückgang verbunden. Die Rolle von Selen bei Krebsbehandlung ist noch ungenügend erforscht.

Insbesondere Glutathionperoxidase (G-Px), ein Selenoprotein, führt antioxidative Aktivitäten aus, die gegen reaktive Sauerstoff- und Stickstoffspezies schützen.7

Details finden sich bei Wikipedia unter Selenmangel und dort bei Physiologie mit Glutathionperoxidasen (GPX 1–7), Dejodasen (DIO 1-3) und Thioredoxin-Reduktasen. Auch als Laie erkennt man die wichtigen antioxidativen Schutzmechanismen und grundsätzlich lebenswichtigen Steuerungen von Selen im Körper.

Aufname und Stoffwechsel:

Die Resorption findet im oberen Dünndarm statt und beträgt in Abhängigkeit von Konzentration und Begleitsubstanzen 50 % bis > 90 %. Sie findet unabhängig vom Selenstatus statt.11 Der menschliche Körper baut Selen ausschliesslich als Selenocystein in Proteine ein. Dieses ist die biologisch aktive Form.

Speicherung, Verbrauch, Verluste:

Der Körper speichert Selen als Selenomethionin. Vom Gesamtkörperbestand von 13 bis 20 mg befindet sich das meiste Selen in der Muskulatur. Die grössten Konzentrationen finden sich jedoch in Leber, Niere und Milz. Die Ausscheidung erfolgt vorwiegend über die Nieren.9

Strukturen:

Der Körper verwertet sowohl anorganisches Selen (Selenat SeO42- und Selenit SeO32-) als auch organisches Selen (Selenomethionin, Selenocystein).11 Das Schwefelatom in den Aminosäuren Methionin und Cystein ist jeweils durch ein Selenatom ersetzt.12 Heute nennt man Selen nicht mehr Halbmetall, sondern es ist ein Halbleiter und eher ein Nichtmetall in der Gruppe der Chalkogene.

Literatur / Quellen:

  1. Biesalski HK et al. Ernährungsmedizin, 5. Auflage, 2018, Thieme Verlag p. 234ff
  2. Lee EH et al. Effects of selenium supplements on cancer prevention: meta-analysis of randomized controlled trials. PMID: 22004275 DOI: 10.1080/01635581.2011.607544
  3. Johnson CC et al. Symposium on 'Geographical and geological influences on nutrition': Factors controlling the distribution of selenium in the environment and their impact on health and nutrition. DOI: 10.1017/S0029665109991807
  4. Aro A et al. Effects of supplementation of fertilizers on human selenium status in Finland. ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/7741238
  5. Škrabanja V. Plant resources based selenium supplementation in daily nutrition. doi:10.14720/aas.2017.109.1.14
  6. US-Amerikanische Nährwertdatenbank USDA.
  7. Aparma P. Shreenath und Jennifer Dooley: Selenium, Deficiency; ncbi.nlm.nih.gov/books/NBK482260 (2018)
  8. De Groot Hilka und Farhadi Jutta: Ernährungswissenschaft; 6. Auflage (2015); Verlag Europa-Lehrmittel, Haan-Gruiten.
  9. Biesalski Hans Konrad und Grimm Peter: Taschenatlas der Ernährung; 6. Auflage (2015); Georg Thieme Verlag, Stuttgart und New York.
  10. Kasper Heinrich und Burghardt Walter: Ernährungsmedizin und Diätetik; 11. Auflage (2009); Elsevier GmbH, Urban & Fischer Verlag, München.
  11. Elmadfa Ibrahim und Leitzmann Claus: Ernährung des Menschen; 5. Auflage (2015); Verlag Eugen Ulmer, Stuttgart.
  12. Barth Stephanie und Kraft Matthias: Ernährungsmedizin; 1. Auflage (2009); Elsevier GmbH, Urban & Fischer Verlag, München.
  13. Zimmermann Michael, Schurgast Hugo, Burgerstein Uli P.: Burgersteins Handbuch Nährstoffe, 9. Auflage (2000); Karl F. Haug Verlag, Heidelberg.
  14. Silvva Junior EC et al. Natural variation of selenium in Brazil nuts and soils from the Amazon region. Chemosphere. 2017 Dec;188:650-658. doi: 10.1016/j.chemosphere.2017.08.158. Epub 2017 Sep 4.
AutorInnen: |

Kommentare