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Phytinsäure bzw. Phytat und das Einweichen oder Keimen

Phytinsäure bzw. Phytat kann man durch Einweichen, Keimen oder durch Fermentierung reduzieren. Phytasen im Nahrungsmittel erlauben Abbau durch Verdauung.

Hafer, Kidneybohnen, Gold Leinsamen, Kürbiskerne und Mandeln in Rohkostqualität in 5 Schälchen.© CC-by 2.0, Kristina Fürst, Stiftung Gesundheit und Ernährung Schweiz

Hülsenfrüchte weicht man vor dem Zubereiten in Wasser ein. Warum? Und: Wie steht es mit Nüssen und Vollkorngetreide? Was bezweckt man genau mit dem Einweichen und gibt es Alternativen zum Einweichen, wie zum Beispiel das Keimen?

Fazit

Das Einweichen von Nüssen und Samen ergibt nur dann Sinn, wenn man sie öfter und in grösseren Mengen isst. Hülsenfrüchte hingegen sollte man aus zwei Gründen immer einweichen: zur Reduzierung der Phytinsäure und für das Lösen von blähungsfördernden Mehrfachzuckern.

1. Was ist Phytinsäure?

Phytinsäure gehört zu den sekundären Pflanzenstoffen und kommt vorwiegend in den äusseren Randschichten von Vollkorngetreide, Nüssen und Samen sowie in Hülsenfrüchten vor. Sie schützt den Energiespeicher der Pflanze, den diese zum Wachstum benötigt. Phytinsäure übernimmt auch die Rolle, Fressfeinde wie Insekten und andere pflanzenfressende Tiere abzuwehren.

Phytinsäure besitzt komplexbildende Eigenschaften und bindet im Magen und Darm die vom Menschen mit der Nahrung aufgenommenen Mineralstoffe, vor allem Eisen, Zink, Calcium und Magnesium. Diese liegen dann in unlöslicher Form vor und stehen dem Körper nicht mehr so gut zur Verfügung. Leider ist das oft überbetont, denn schon das lange Kauen und die Säfte des Magens helfen stark, die Phytase wirken zu lassen. Der Begriff Phytase bezeichnet eine Gruppe von Enzymen, welche die Phytinsäure abbauen. Zudem hat die Phytinsäure auch positive Wirkungen.

Funktion der Phytinsäure in der Pflanze

Phytinsäure ist ein Inositolring mit 6 Phosphatgruppen (IP6). Diese Säure ist ein ganz natürlicher Stoff, der Pflanzen als Phosphorspeicher dient.

2D-Struktur der Phytinsäure (IP6; Phytate), sieht aus wie ein 6-speichiges Schiffssteuerrad.© Public Domain, Harbinary, Wikipedia

Wenn das Samenkorn genügend Wärme und Wasser zur Verfügung hat, erwacht Leben in ihm. Sobald der Keimprozess beginnt, bildet das Korn das Enzym Phytase. Die Phytase baut die Phytinsäure zu Zucker und Phosphat ab, wodurch sie diese inaktiviert und das darin gespeicherte Phosphat freisetzt. Dieses steht jetzt der Babypflanze als wichtiger Nährstoff für Wachstum und Entwicklung zur Verfügung. Die phosphathaltige Phytinsäure hat damit eine ähnliche Energiespeicherfunktion wie ATP (Adenosintriphosphat) im menschlichen Organismus.

2. Wirkung im menschlichen Körper

Die Phytinsäure ist für den Keimling nützlich, doch nicht so für uns:

  • Die Phytinsäure bindet Mineralstoffe und Spurenelemente. Diese Komplexe stehen dem Körper dann nicht bzw. schlechter zur Verfügung. Dies betrifft insbesondere die Mineralstoffe, die in zwei- oder dreiwertiger Form vorliegen, wie Calcium, Zink, Eisen, Magnesium und Mangan.
    Dabei scheinen Eisen und Zink eine stärkere Komplexbildung aufzuweisen als Calcium und Magnesium. Nur bei sehr starkem Konsum phytinhaltiger Lebensmittel kann dies mittel- bis langfristig zu einem Mineralienmangel im Körper führen.1,2
  • Bildet Phytinsäure Komplexe mit Nahrungsproteinen, sind diese unlöslich oder schlechter verdaulich.
  • Phytinsäure kann einen Hemmeffekt auf verschiedene Enzyme haben, insbesondere kann sie die Verdauungsenzyme Pepsin und Trypsin hemmen.

Phytinsäure hat aber auch positive Eigenschaften für uns:

  • So scheint die Phytinsäure antioxidativ und antikanzerogen zu wirken. Man vermutet, dass die Chelatbildung mit Eisen den positiven Effekt hervorruft. Durch diese Bindung wird die Eisenoxidation verhindert, was ein verringertes Darmkrebsrisiko bewirkt. Aber auch bei Prostata-, Brust- und Bauchspeicheldrüsenkrebs scheint die Phytinsäure positive Wirkungen zu zeigen.3,4
  • Zunehmend diskutiert man auch andere gesundheitsfördernde Wirkungen der Phytinsäure: Eine blutzuckersenkende Wirkung, indem sie die Verdauung von Stärke verzögert und eine immunstärkende Wirkung.

Auch im menschlichen Organismus kommen Phytin und seine Abbauprodukte vor. Der Körper bildet sie selbst und nutzt sie insbesondere als Neurotransmitter, als Hormone und Wachstumsfaktoren wie z.B. Acetylcholin (ACh) oder ein Hormon mit antidiuretische Wirkung, das die Wasserrückresorption in den Sammelrohren zwischen Nieren und Blase fördert.

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3. Vorkommen der Phytinsäure in Nahrungsmitteln

Phytinsäure kommt in den Randschichten von Getreide und Nüssen vor. In Hülsenfrüchten ist sie im Inneren im Endosperm lokalisiert.
Auch Samen und Pseudogetreidearten enthalten Phytinsäure.

Besonders viel Phytinsäure - bzw. das Anion Phytat - ist in Mais, Soja sowie in Weizen-, Gersten- und Roggenkleie enthalten. Auch in der Erdnuss ist viel Phytinsäure enthalten. Hülsenfrüchte befinden sich phytinsäuremässig zwischen den Getreidearten und Quinoa.

Da weder Weissmehl noch polierter Reis Randschichten enthalten, sind sie verhältnismässig arm an Phytinsäure. Weisser Reis enthält noch ca. 240 mg. Allerdings fehlt Weissmehlprodukten und weissem Reis nicht nur ein Grossteil der ursprünglichen Phytinsäure, sondern - neben einer Reihe weiterer nützlicher sekundärer Pflanzenstoffe und Ballaststoffe - auch die meisten Mineralstoffe, die sich ebenfalls in den Randschichten befinden.

Zu berücksichtigen ist, dass die Menge Phytinsäure im einzelnen Nahrungsmittel auch abhängig ist von der Art der Pflanze, den klimatischen Bedingungen, in denen die Pflanze gewachsen ist, der Bodenqualität und insbesondere vom Einsatz phosphathaltiger Düngemittel. Auch sollte man mit den Zahlenangaben sehr vorsichtig sein, denn je nach verwendeter Methode schwanken die Werte.

Zu unterscheiden ist auch, ob nur die tatsächliche Phytinsäure mit ihren 6 Phosphatgruppen oder auch ihre Derivate mit weniger Phosphatgruppen mit eingerechnet sind.

Phytinsäure: Gehalt einiger Lebensmittel (g/100g), Wikipedia

Lebensmittel

Minimum

Maximum

Kürbiskerne

4,3

4,3

Weizenkleie

0,08 (?)

3,61

Mandeln

1,35

3,22

Leinsamen

2,15

2,87

Bohnen

2,38

2,38

Mais

0,75

2,22

Sojabohne

1,00

2,22

Erdnuss

0,95

2,32

Chia Samen

0,96

1,16

Hafer

0,42

1,16

Vollkornreis

0,84

0,99

Walnuss

0,98

0,98

Haselnuss

0,65

0,65

Kichererbsen

0,56

0,94

Weisser Reis

0,14

0,6

Linsen

0,44

0,5

Quinoa

0,54

0,5

4. Wie man Phytinsäure reduzieren kann

Die Aktivierung des Enzyms Phytase erfolgt sowohl beim Einweichen, beim Keimungsprozess, bei der Herstellung von Sauerteig und bei der Milchsäuregärung als auch während der Verdauung. Dabei kann bereits längeres Kauen einen Teil der Phytinsäure abbauen. Siehe unten.

Zudem kann das Entfernen der Aleuronschicht durch Schälen und Vermahlen beim Getreide den Phytinsäuregehalt (aber auch den Mineralstoffgehalt!) deutlich verringern.

4.1 Abbau der Phytinsäure beim Einweichen und Keimen durch die getreideeigene Phytase

Das Einweichen und Keimen in Verbindung mit Wärme, Wasser und Licht aktiviert metabolische Prozesse im Samenkorn, die einen enzymatischen Um- bzw. Abbau verschiedener Stoffe bewirken. Die Nährstoffe sind nach der Keimung für uns Menschen verfügbar. Die aktivierte getreideeigene Phytase baut die Phytinsäure enzymatisch ab. Das Einweichwasser soll man jeweils nicht mehr weiterverwenden, da darin noch gelöste Phytinsäure vorhanden sein kann.

Beim Abbau der Phytinsäure entstehen Phytinsäure-Derivate, die eine unterschiedliche Anzahl Phosphatgruppen gebunden haben. Phytinsäure selber hat 6 Phosphatgruppen. Der Inositolring verliert nicht alle Phosphatgruppen auf einmal, sondern sie fallen einzeln nach und nach weg.

Derivate mit weniger als 5 Phosphatgruppen (IP1 bis IP4) haben eine geringere Bindungskapazität und scheinbar keinen negativen Effekt auf die Zinkabsorption (=Zinkaufnahme), während solche mit weniger als 3 Phosphatgruppen auch keinen negativen Effekt auf die Eisenaufnahme haben.5,6,7

Ziel ist es also, möglichst hohe Phytaseaktivitäten zu erreichen. Die Industrie setzt deshalb häufig Phytasen aus Bakterien oder Pilzen isoliert hinzu, um den Abbau zu beschleunigen.

Zu Hause kann man sich die unterschiedlichen Phytaseaktivitäten der Pflanzen zunutze machen, indem man Nahrungsmittel, die wenig Phytaseaktivität aufweisen, mit „phytaseaktiven“ Nahrungsmitteln kombiniert.

Roggen, Weizen und Buchweizen haben relativ hohe Phytaseaktivitäten. Kichererbsen, Mais, Reis, Hafer und Sojabohnen haben eine geringe Phytaseaktivität.8 Wer Gluten verträgt, fügt also einfach etwas Roggen oder Weizen hinzu. Wer Gluten nicht verträgt, nutzt Buchweizen als „Beschleuniger“.

In einer Studie unter Laborbedingungen kamen geschälter Reis (30 %) und Kichererbsen (60 %) zum Einsatz, während Buchweizen (10 %) als Phytasebeschleuniger diente. Nach 200 Minuten war die Phytinsäure beim Einweichen mit Buchweizen komplett abgebaut, wohingegen ohne Buchweizen nach 200 Minuten noch so viel Phytinsäure vorhanden war wie nach 120 Minuten mit Buchweizen.8
Die Zugabe von phytaseaktiven Nahrungsmitteln kann die Abbauzeit der Phytinsäure somit verringern.

Achtung: Erhitzen oder Rösten dagegen bringt das Gegenteil: Die Erhitzung zerstört lediglich 5 – 15 % des Phytatgehalts. Phytinsäure ist bei küchenüblichen Temperaturen hitzebeständig. Doch das wichtige Enzym für die Phytase ist stark reduziert.

Hitze zerstört das Enzym Phytase, also das Enzym, das die Phytinsäure abbaut.9 Die Industrie behandelt Hafer und Haferflocken praktisch immer mit Hitze, was man "gedarrt" nennt, aber auf dem Produkt nicht auszeichnet! Es ist sehr schwierig, Hafer in Rohkostqualität zu kaufen - oder gar Haferflocken. Deshalb wäre es besser, Nackthafer oder biologischen Spriesskornhafer zu kaufen, diesen selber mit einer Mühle / einem Flocker in Haferflocken zu verwandeln. Wer in einer Mangelsituation für die Nährstoffe Calcium, Zink, Eisen, Magnesium und/oder Mangan ist, kann diese danach über Nacht in Wasser einlegen. Das Einweichwasser am nächsten Morgen wegschütten und die Haferflocken weiterverarbeiten.

EE: Beim Erb-Müesli habe ich jahrzehntelange tägliche Erfahrung mit kurzer Einweichzeit einer Kombination von Samen und selbst täglich geflocktem Spriesshafer. Diese beträgt nur die Verarbeitungszeit bis man beginnt zu essen. Es mag Vorteile geben, wenn man das Müesli etwas stehen lässt, bevor man es isst. Die hatte ich aber nie nötig. Siehe meinen "Zustand" mit 80 oder mit 83.

Beim Einweichen lösen sich ausserdem die schwer verdaulichen Kohlenhydrate (wie der Mehrfachzucker Raffinose und die zur Raffinose-Familie gehörende Stachyose und Verbascose) zumindest teilweise.

Der Dünndarm kann die Raffinose nur in geringem Umfang spalten und resorbieren. Raffinose besteht aus Fruktose, Glukose und Galaktose. Für den Menschen ist es normalerweise kein Problem, die Fruktose und die Glukose zu verdauen. Für die Galaktose fehlen uns aber entsprechende Enzyme. Dies hat zur Folge, dass grössere Mengen in den Dickdarm gelangen. Die dort vorhandenen anaeroben Mikroorganismen der Darmflora verwerten die Galaktose und produzieren dabei unter anderem Gase, die zu Blähungen führen.

Da sich im Quellwasser ein Teil der Raffinose löst, sollte man das Einweichwasser auch aus diesem Grund nicht mehr nutzen.

Strukturformel von Phytinsäure (Phytic acid bzw. Hexaphosphorsäureester des myo-Inosits, IP6.© Public Domain, Yikrazuul, Wikipedia
Die Struktur von Phytinsäure - Darstellung als einfache Keilstrichformel.
4.2 Abbau der Phytinsäure bei der Fermentation

An der Fermentation oder Milchsäuregärung sind Mikroorganismen beteiligt, die ebenfalls das Enzym Phytase besitzen. Dieses baut während der Fermentation die Phytinsäure ab. Optimale Bedingungen für die Enzymtätigkeit sind ein pH-Wert von 4,5 sowie Temperaturen zwischen 45° und 55°C. Diesen pH-Wert erreicht man bei der Teigzubereitung mit Sauerteig.9

Unter optimalen Bedingungen kann Fermentierung den Phytinsäuregehalt um bis zu 90 % abbauen.9 Gerichte aus fermentiertem Getreide, aber auch aus Samen, Nüssen und Hülsenfrüchten findet man in vielen traditionellen Kulturen - in Kombination mit Methoden wie Einweichen (und danach Fermentieren) oder Keimen (und Rösten). Das sind natürliche Methoden mit dem Ziel, sowohl die Verdaulichkeit als auch den Gesundheitswert dieser Nahrungsmittel zu erhöhen.10 Beispiele solcher Gerichte sind Kishk (aus Arabien), Banku (aus Ghana), Mawe (aus Afrika) und Injera (aus Äthiopien).

4.3 Abbau der Phytinsäure bei der Verdauung

Der Körper kann Phytinsäure auch im Magen-Darm-Trakt abbauen, jedoch scheint hier eine direkte Abhängigkeit zum Vorhandensein von aktivierten Phytasen in der Nahrung selbst zu bestehen: Sind sie in der Nahrung vorhanden (z.B. durch Fermentierung oder bei Rohkost), kann der Körper Phytate zu insgesamt 37-66 % abbauen. Die durch Erhitzen oder andere Verarbeitungs-Schritte inaktivierte Phytase verringert den Abbau von Phytaten im Magen-Darm-Trakt auf 0 - 28 %.11,13

5. Soviel Phytinsäure kann man reduzieren

Hülsenfrüchte

Das Einweichen von Bohnen über 24 h und anschliessendes längeres Kochen kann 50 % der Phytinsäure reduzieren. Eine Studie mit Erbsen und Linsen ergab sogar 80 %. Hülsenfrüchte enthalten allerdings weniger Phytase als die meisten Getreide und es gibt auch Studien, die von einer Reduktion der Phytinsäure beim Einweichen von Hülsenfrüchten um weniger als 10 % berichten. Die Einweichzeiten der Hülsenfrüchte unterscheiden sich voneinander und liegen zwischen 6 und 24 h.

Nüsse

Es gibt noch nicht genug adäquate Informationen über das Einweichen und Keimen von Nüssen, um mit Sicherheit sagen zu können, wie viel Phytinsäure man damit abbauen kann.

Viele Urvölker in Amerika legten ihre Nüsse in Wasser ein und liessen sie anschliessend trocknen oder rösteten sie.

Beim Genuss von grossen Mengen an Nüssen - wie beim Verwenden von Mandelmehl statt herkömmlichem Mehl beim Backen oder dem täglichen Verzehr von Erdnussbutter - kann es zu hohen Dosen an Phytinsäure kommen.

Eine Studie zeigt auf, dass die Phytinsäure in Nüssen die Eisenaufnahme deutlich hemmt.12,14

Man weiss aber, dass Zitronensäure die Aufnahme von Mineralien trotz Phytinsäure signifikant verbessern kann. Ein Glas Orangensaft oder ein Spritzer Zitronensaft zu einer nussreichen Mahlzeit kann durchaus helfen, die Eisenaufnahme wesentlich zu verbessern. Siehe Erb-Müesli.

Wann ist es von Vorteil, Nüsse einzuweichen?

  • Wenn man grosse Mengen an Nüssen verarbeiten und essen will, z.B. für eine Rohkost-Torte, für Nussriegel oder Nuss-Saucen.
  • Bei selbst hergestellter Mandelmilch ist es kein grosser Mehraufwand, Nüsse für eine kleine Zwischenmahlzeit mit einzuweichen.
  • Wenn man grössere Mengen an Nüssen isst und z.B. einen Eisenmangel aufweist.

Wann ist es nicht vorteilhaft, Nüsse einzuweichen?

  • Wenn man nur wenige isst (4-10 Stück /Tag) und genügend Eisen im Blut hat.
  • Wenn die Nüsse bereits geröstet sind.

Eine Ausnahme bildet die Kokosnuss, die allerdings auch keine Nuss ist, sondern zu den Steinfrüchten zählt. Sie enthält keine oder sehr geringe Mengen an Phytinsäure. Die Kokosnuss gilt seit Jahrhunderten als ein traditionell rohes Lebensmittel, das die Menschen in den Ursprungsländern seit je her ohne "Verarbeitung" geniessen. Sie weist allerdings ein sehr schlechtes Verhältnis zwischen Omega-6- und Omega-3-Fettsäuren auf und enthält zu viel gesättigte Fettsäuren (siehe Kokosöl).

Getreide

In einer Studie hat man die Reduktion von Phytinsäure in Quinoa untersucht und festgestellt, dass das Einweichen vor dem Kochen den Phytinsäure-Anteil um ca. 50 % reduziert. Fermentieren vor dem Kochen reduziert die Phytinsäure sogar um ca. 60 %. Kochen reduziert hingegen nur um 20 %.12

Beim Braunen Reis, der einen hohen Anteil an Phytinsäure besitzt, ist der Einfluss des Einweichens geringer. Ähnlich sieht es beim Hafer aus, weil er gedarrt ist.

Bei unbehandeltem (unerhitztem) Reis und Hafer zeigt sich allerdings eine bessere Reduktion der Phytinsäure durch Einweichen. Dies verursacht der höhere Anteil des Enzyms Phytase, das ursprünglich in diesen Getreidearten enthalten ist.12,13 Zudem kann man den Vorgang sehr beschleunigen, indem man Orangen- und/oder Zitronensaft verwendet, um nur ganz kurz den Nährwert von Samen oder Getreide zu verbessern. Mandal und Biswas zeigten 1970, dass es bei der Mungobohne umgekehrt ist (pH 7,5 günstigster Wert bei 57°C, gem. Paula Brünig 2009).

6. Richtwerte für das Einweichen von Nüssen, Samen, Hülsenfrüchten und Getreide

Grundsätzlich unterscheidet man zwischen angekeimten Samen (1), Keimlingen (2), Sprossen (3) und Sprossengrün (4). Beim angekeimten Samen, typisch 24 Std. Keimdauer, hat der Samen die eigentlichen Lebenskräfte freigesetzt (z.B. Zitronensäure, Apfelsäure etc.) und die Testa (Samenschale) durchbrochen: Der Keimling ist vielleicht einen mm gross, ein richtiges "Vitalprodukt" oder Superfood. Dieser Keimling spriesst (wächst) im feuchten Umfeld (warm, manchmal dunkel) zu Sprossen (3) und setzt dann Blätter (4) an. Noch immer sind es die Inhaltsstoffe des Samens, die das Wachstum erlauben. Ist dieser Vorrat erschöpft, beginnt der Keimling ohne weitere Stoffe (wenn Same sehr klein) abzusterben (zu verhungern) und die Destruenten (Bakterien/Pilze) können ihn angreifen. Grössere Samen bringen es zu grösseren Keimlingen, zu Sprossen. Beim Pflanzen oder in einer Nährlösung entwickelt sich das Sprossengrün, schliesslich die Pflanze.

Wie lange das Einweichen dauert, ist von Hülsenfrucht zu Hülsenfrucht und von Korn zu Korn unterschiedlich. Häufig ist es am einfachsten, über Nacht in der doppelten Menge Wasser einzuweichen. Den Samen kann man auch ertrinken lassen - und die Destruenten erscheinen: Also im Zweifelsfall die kürzere Zeit dann nehmen, wenn man keimen möchte; die längere, wenn man direkt essen möchte.

Einige Richtwerte für die Einweichdauer wie auch für die Keimzeiten sind in der Tabelle unten angegeben. Die Einweichzeiten gelten sowohl für das Keimen als auch für das Essen oder Kochen - in der nächsten Spalte.

Die Kochzeit danach ist sehr unterschiedlich und beträgt zwischen 30 min und 180 min (rote und gelbe Linsen nur 15 min). Man sollte Getreide und Hülsenfrüchte nur kurz aufkochen und dann bei kleiner Hitze garen. Wenn die Hülsenfrucht oder das Getreide einen weichen Biss haben, sind sie ausreichend gekocht.

6.1 Von der Keimung bis zum Sprossengrün

Sprossen, die schon wenige cm lang sind und erste Blättchen anzeigen.© CC0, Stux, Pixabay

Sprossen und Keimlinge sind kleine gesunde Nährstoffspender, die man leicht selbst ziehen kann, wenn man einige Hinweise beachtet. Siehe die Anleitung. In den kleinen Samenkörnern ist alles vorhanden, was die Pflanze für das spätere Wachstum benötigt, u.a. zahlreiche Vitamine und Mineralstoffe.

Sprossen sind aufgeschlossene Nahrung. Sie sind sozusagen vorverdaut. So kann man auch Getreide gekeimt leicht roh essen. Während des Aufkeimens bilden sich zahlreiche komplexere Nährstoffe und Enzyme, die den Keimling noch viel wertvoller machen als die blossen Samen. Allerdings beginnt nach 24 bis 48 Stunden der Umbau in eine Pflanze und zahlreiche "Lebensstoffe" wandeln sich wieder in "gewöhnliche" um.

Als Keimling bezeichnet man das junge Pflänzchen, das sich frisch aus dem Keim entwickelt. Es umfasst sowohl die sich später entwickelnden Wurzeln als auch die oberirdischen Teile. Hingegen sind die Sprossen streng genommen nur die oberirdischen Teile, also nur Stängel und Blättchen.

Unter Keimdauer ist in der unten stehenden Tabelle die Zeit zu verstehen, die ein Samen braucht, um so weit zu wachsen, dass man ihn als Sprosse ernten kann.

Den optimalen Gehalt an Nährstoffen besitzt der Keimling bereits nach etwa 24 h. Danach sind die Nährstoffe mehr und mehr in der Pflanze verbaut.

Grundsätzlich lassen sich alle Getreidesorten keimen, ebenso Körner wie Sonnenblumenkerne oder Pseudogetreide wie Quinoa und Canihua. Hülsenfrüchte und Nüsse kann man ebenfalls zum Keimen bringen.

Nicht jeder Samen, den man im Handel bekommt, kann keimen

Allerdings ist die Qualität der Lebensmittel und die Art ihrer Verarbeitung ausschlaggebend. Nicht jeder Samen, den man im Handel bekommt, kann keimen. Bioqualität ist sehr zu empfehlen, da diese Nahrungsmittel frei von Keimhemmern sein sollten. Ausserdem muss das Nahrungsmittel Rohkostqualität aufweisen, um keimen zu können.

Es ist wichtig zu wissen, dass das Wasser nur den Impuls für das Keimen bilden soll, beim Keimprozess der Keimling aber unbedingt Sauerstoff haben muss, weil sonst das Wachstum stoppt und der Keim stirbt. Dann leiten Bakterien und Pilze einen Faulungsprozess ein. Damit dient der Keimling wieder als Nahrung für Pflanzen, jedoch nicht für uns. Sauberkeit ist oberstes Gebot.

Die verschiedenen Pflanzen tolerieren auch ganz unterschiedliche Dauer unter Wasser, bevor sie sterben. Doch wenn der Keimling atmen kann, keimt er so weit aus, bis die Reserven erschöpft sind – oder die Wurzeln genügend Nahrung erhalten.

7. Anleitung zum Sprossenziehen

Zur Sprossenzucht braucht es nicht viel. Ein Anzuchtgerät, Bio-Samen sowie etwas Geduld sind erforderlich. Im einfachsten Fall reicht zur Anzucht bereits ein sauberes Schraubglas mit einem Deckel, in den man einige Löcher bohrt. Wer häufiger Keimlinge und Sprossen geniessen möchte, für den empfiehlt sich ein Keimglas oder ein Etagen-Anzuchtgerät.

1. Gläser vorbereiten

Die Gläser und Werkzeuge sollten ausgekocht und sauber sein, da die jungen Pflänzchen sehr anfällig auf Schimmel sind.

2. Samenkörner spülen

Auch das verwendete Saatgut soll sauber sein. Dazu spült man die Samen ausgiebig mit Wasser über einem Sieb.

3. Samenkörner einweichen

Die Samen muss man vor dem eigentlichen Keimen für mehrere Stunden in Wasser einweichen. Mit dem aufgesaugten Wasser können die Samen den Keimungsprozess starten. Die Einweichdauer variiert zwischen 4 und 12 Stunden (siehe Tabelle unten), bei Reis dauert es länger.

4. Wachstum der Sprossen

Nach dem Einweichen spült man die Samen zum ersten Mal, indem man das Einweichwasser weggiesst und mit frischem Wasser auf- und wieder abgiesst. Während der Keimdauer sollen die Gläser an einem hellen, aber nicht sonnigen Ort stehen. Andere sollten im Dunkeln keimen (Dunkelkeimer). Damit keine Staunässe entsteht, stellt man die Gläser mit der Öffnung (Siebdeckel oder wasserdurchlässiges Gewebe) nach unten auf. Dies so, dass das Wasser abfliessen kann. Zwei- bis dreimal täglich spült man die Keimlinge mit frischem Wasser und lässt wieder gut abtropfen.

Einige Samenarten bilden nach ein bis drei Tagen mit weissem Flaum bedeckte Wurzeln. Diese sollten Sie nicht mit Schimmel verwechseln.

5. Ernte

Nach der empfohlenen Keimdauer spült man die Sprossen ein letztes Mal und kann sie dann frisch und knackig roh geniessen. Sie können auf vielfältige Weise frische Speisen und Salate bereichern.

Verschiedene Webseiten empfehlen das Blanchieren von Sprösslingen der Mungo-Bohne - meist einfach von anderen abgeschrieben ... Es gibt keinen Grund dazu.

Getreidekeimlinge liefern eher einen milden und süssen Geschmack, Radieschen, Kresse und Linsen einen scharfen, pikanten. Bohnen und Sonnenblumenkerne schmecken nussig.

Zu beachten (Hinweis auf diese Informationen in der nachfolgenden Tabelle durch drei Sterne: ***)

Hülsenfrüchte nie roh essen: Sie enthalten das giftige Protein Phasin. Das Protein denaturiert nach 20 Minuten Kochzeit und ist ab dann ungiftig. Eine Ausnahme bilden Erbsen und Zuckererbsen, die man direkt roh essen kann. Hingegen nach der angegebenen Einweichzeit plus Keimdauer sind Hülsenfrüchte ebenfalls roh essbar und besonders gesund.
Schleimbildende Keimsaaten: Basilikum, Buchweizen, Chia, Kresse, Leinsaat, Rucola (Rauke), Senf.
Dunkelkeimer: Ackerbohnen, Adzukibohnen, Amaranth, Anis, Blumenkohl, Brokkoli, Erbsen, Kichererbsen, Rote Bete. Normalerweise grössere Samen, die sich aus eigener Kraft bis ans Licht kämpfen können. Besonders Hülsenfrüchte lassen sich ganz einfach mit Papiertaschentuch oder Watte zugedeckt keimen, um z.B. Kindern den Vorgang zu zeigen.
Besonders geeignet für den Rohverzehr nach dem Keimen:23 Amaranth, Bockshornklee, Braunhirse, Dinkel, Fenchel, Kresse, Leinsamen (Leinsaat), Rote Bete, Rucola (Rauke), Senf, Sonnenblume, Weizen.
Besonders beliebt: Kresse (Kindergarten etc.), Alfalfa, Brokkoli, Radieschen, Mungobohnen (einfach).
Saaten: Keimlinge aus ölhaltigen Samen wie Leinsamen (Leinsaat), Sesam, Chia, Sonnenblumenkerne sind anfälliger auf Verderb. Das Saatgut muss besonders einwandfrei sein. Besser nur ankeimen lassen.

Alfalfa: Frisch und salatartig (besonders gesund22). Lichtkeimer.

Bockshornklee: Würzig, bei längerer Keimdauer bitter.

Erbsen-Grünsprossen (Pea shoots): Dunkelkeimer - und haben wie auch Feuerbohnen (Achtung Lektine) im Boden verbleibende Keimblätter (hypogäische Keimung), während das Keimblatt bei der epigäischen Keimung später abstirbt (steamykitchen com), aber die erste Photosynthese vollzieht, bis die Folgeblätter kommen. Zuckererbsen kann man mit ihren zarten Schoten direkt essen.

Kidneybohnen: Dunkelkeimer. Sorte der Gartenbohne. Rote Kidneybohnen (Phaseolus vulgaris) sind leicht verwechselbar mit der Adzukibohne (Vigna angularis) oder der Feuerbohne (Phaseolus coccineus).

Leinsamen: Neigen zum Schleimen, öfter spülen.

Linsen (4-5 mm sind Zuckerlinsen; Mittellinsen (5-6 mm), Tellerlinsen (6-7 mm), Riesenlinsen sind grösser): Dunkelkeimer. Samen keimen nur, solange sie roh sind und weder verdorben noch geschält! Weil man auf Webseiten auch die rote und gelbe Linse sieht, führen wir sie ebenfalls in der Liste, doch die keimen nicht mehr, da geschält, wie auch geschälte Tellerlinsen. Gelbe Linsen entstehen durch das Schälen brauner oder grüner Linsen. Ungeschälte rote Linsen haben eine dunklere Schalenfarbe (je nach Ursprungsland), weshalb man sie im Handel oft als braune, violette oder schwarze Linsen bezeichnet. Siehe dazu die Zutat Linsen, roh.

Lupinen: Dunkelkeimer. Sind ein Spezialfall, denn man legt sie bei traditionellen Sorten 14 Tage in Salzwasser.

Mungobohnen: Dunkelkeimer. Sind besonders einfach zu handhaben - benötigen Dunkelheit, wenn sie schmecken sollen! Zum Einweichen brauchen sie viel mehr Wasser, da sie bis zu 7-mal mehr Wasser aufnehmen können, als ihr Trockengewicht ausmacht. Raumtemperatur ab 18 bis 22 Grad (oder mehr) und man sollte sie 3-mal pro Tag wässern beim Keimen. Essbar sind sie nach 3 Tagen Keimzeit roh (Wikipedia). Nach dem vierten Tag sind sie verfärbt und herber im Geschmack und nicht mehr so zart. Diese Bohne ist bekömmlicher als die europäische Gartenbohne (enthält z.B. kein Phasin) und verursacht keine Blähungen (keine nicht verdaubaren Dreifachzucker enthaltend). Für Anfänger gut geeignet. Siehe Mungobohnensprossen.

Weizen und Roggen: Süsslich, nur im Jungstadium wohlschmeckend.

Bemerkungen zur nachfolgenden Tabelle:

  • Einweichzeit und Keimdauer für Nüsse, Kerne, Hülsenfrüchte und Getreide,15,16,17 Angaben mit einem Stern (*) aus guter Buchquelle.22
  • Zwei Sterne (**) bedeuten: Wenn ein Name in der ersten Spalte mit zwei Sternen (**) versehen ist, dann gilt in der Spalte Keimdauer die grössere Zahl als Richtwert für das Pflanzen in Behältern.
  • Drei Sterne (***) verweisen auf die vorangehenden Zusatzinformationen ("Zu beachten").

Hülsenfrüchte

Einweichzeit (h)

Keimdauer (Tage)

Bemerkungen

Ackerbohnen 12-24 3 Dunkelkeimer
Adzukibohnen (6-8) 12* 3* Dunkelkeimer
Erbsen (Green peas) (10-24) 8* (3-4) 3* Dunkelkeimer
Erbsen, Grünsprossen** (8-24) 8* (bis 14) 1-7* ***
Kichererbsen (6-24+) 12* (3-4) 3* Dunkelkeimer, mild nussig
Kidneybohnen 12 3-4 ***
Linsen (Tellerlinsen) (8-12) 8* (3-4) 3* *** (gross) nussig
Lupinen (süss) (24-48) 5-12 2-3 *** (bitterstoffarme)
Mungobohnen (6-12) 8* (3-4) 3* ***
Linsen (ungeschält) 0-2 3-4 *** (rote, gelbe?)
Schwarze Bohnen 12 3-4 Dunkelkeimer
Sojabohnen 12-15 3-4 Dunkelkeimer
Zuckererbsen 8 1-7 roh direkt geniessbar

Getreide

Einweichzeit (h)

Keimdauer (Tage)

Bemerkungen

Braunhirse 4-12 1-3

Dinkel

12

3-4

mild, nussig, süsslich

Gerste 6-12 2-3

Hirse (Millet)

(6-8) 5*

(1-2) 1*

Mais (Zuckermais) 12-24 3-4 Dunkelkeimer

Nackthafer

12-24

2-3

Roggen

12

3-4

***

Vollkornreis

12

3-4

Weichweizen** 8* 1-7* = Weizengras

Weizen

12

2-4

***

Samen und Pseudogetreide

Einweichzeit (h)

Keimdauer (Tage)

Bemerkungen

Alfalfa (Luzerne) 4* (7-8) 7* ***
Amaranth (6-8) 3* (3-5) 1* Dunkelkeimer
Anis 10 Dunkelkeimer
Basilikum ?
Blumenkohl ? Dunkelkeimer
Bockshornklee (8) 6* (3-4) 3* *** (Fenugreek)
Brokkoli (6-12) 6* (3-4) 7* Dunkelkeimer, würzig
Buchweizen** (8-16) 6-8* (2-3) 1-2*
Daikon 8 = Winterrettich
Fenchel 10 7-10
Grüner Salat ?
Hanf 4-6 3-4 Dunkelkeimer
Klee (Clover) 6* 7*
Koriander 4-12 10?
Kresse (Gartenkresse) - 3-6 leicht scharf
Leinsamen 0-6 3-4
Mangold 8 8-10 Grünsprossen
Perilla 12-24 = Sesamblatt
Quinoa (0,5-6) 3* (6-7) 1*
Radieschen, Rettich 6-12 2-5 leicht scharf
Rote Beete (Beet) (8-24) 4* 7* Dunkelkeimer
Rucola (Rauke) - 2-3, 6-7 6-7 = Grünkraut
Senf 6 (2-5) 2-3 leicht scharf
Sesam 2-4 2-5

Nüsse, Kerne

Einweichzeit (h)

Keimdauer (Tage)

Bemerkungen

Cashewkerne

6

-

sind nie roh

Haselnüsse

8

-?

Kürbiskerne

(12) 4*

(3-5) 7*

Macadamianüsse

4-12

-?

Mandeln

(4) 8*

-?

Pekannüsse

8*

-

Paranüsse

8*

-?

Sonnenblumenkerne**

(6-12) 6*

(1-2) 1-2*

nussig

Walnüsse

(6) 8*

-?

Wassermelonen 8* 7*


Leider sieht man auf Webseiten oft andere Zahlen, beispielsweise für Quinoa eine Keimdauer von 6 bis 7 Tagen - völlig unrealistisch. Nicht nur brechen die Keimlinge beim Spülen leicht weg - sie können sich durch den kleinen Gehalt an Nährstoffen ohne Erde auch nicht weiterentwickeln und beginnen eher zu verderben. Nochmals: Beim Einweichen ist zu beachten, dass die längeren Zeiten in Klammern höchstens geeignet sind, wenn man nach dem Einweichen isst, ohne weiterzukeimen, denn der Keimling kann so ertrinken und beim Keimen entwickeln sich dann schädliche Mikroorganismen.

Wer so quasi die Blütezeit der Entwicklung von "Lebensstoffen" wie Zitronensäure, Apfelsäure etc. - also das eigentliche Superfood - geniessen möchte, legt lediglich einige Minuten ein (wenn überhaupt) und lässt dann 24 Stunden keimen, mehr nicht - ausser bei Reis. Wer sich eingehend mit dem Thema befassen möchte, sollte diesen Wikipedia-Artikel auf Englisch lesen.

Generell entstehen oder vermehren sich zu Beginn des Keimens, vor allem Vitamin, B1, Vitamin B2, Vitamin B6 und Vitamin K (bis zum Zehnfachen), Folsäure und Vitamin C. Der Aminosäuregehalt (Proteine, vor allem Lysin) steigt, wie auch der Gehalt an der Omega-3-Fettsäure ALA (alpha-Linolensäure). Ebenso nimmt die Enzymaktivität zu und der Anteil an Ballaststoffen. Ein (gewünschter) Abbau erfolgt für Phytinsäure, blähende Substanzen, Gerbstoffe (Tannine), Protease-Inhibitoren, Stärke-Gehalt, Kaloriengehalt (Wasser). Von alkaloidhaltigen Samen der Nachtschattengewächse (Auberginen, Kartoffeln, Paprika, Tomaten), Lupinen und Soja (biothemen de) darf man zumindest grüne Teile nicht essen. Solanin lässt sich nur durch Hitze vermindern, ganz im Gegensatz zu Phytin.

Ein ganz anderes Thema sind keimende Küchenabfälle, Gemüseresten etc. Randen, Sellerie, Zwiebeln und Knoblauch eignen sich vor allem dazu. Einfach in einen Teller mit etwas Wasser stellen und eine ausgetriebene Zwiebel oder Knoblauch ergibt ausgezeichnet schmeckende Triebe, die bis 15 cm lang werden dürfen. Natürlich lassen sich auch Ingwer und Kurkuma im Topf vermehren. Aber auch Sellerie wächst nach, Karotten, Romana-Salat, Kohlrabi, Lauch etc. Man kann das Grün essen oder zulassen, dass es sich in einem Topf zur Pflanze weiterentwickelt.

8. Mineralstoffaufnahme

Wie viel Mineralstoffe der Körper im Endeffekt aufnimmt – auch wenn die Phytinsäure entfernt ist, ist trotzdem schlecht vorhersehbar und es gibt noch zu wenig aussagekräftige Studien.

Die Kombination der Nahrungsmittel spielt ausserdem eine grosse Rolle. So hat man in einer Studie die Phytate aus Getreidebrei für Kinder industriell entfernt und anschliessend die Eisenaufnahme untersucht. Rührte man den Brei, wie auf der Verpackung empfohlen, mit Milch an, war keine Verbesserung der Eisenaufnahme festzustellen. Rührte man den Brei mit Wasser an, war eine deutlich bessere Eisenaufnahme zu vermerken.9

Untersuchungen beim Verzehr von Vollkorngetreide haben gezeigt, dass die Komplexbildung dem Körper zwar Mineralstoffe entzieht, der hohe Mineralstoffgehalt in Vollkorngetreideprodukten diese Verluste jedoch auch kompensiert.

Literatur - Quellen:

23 Quellenangaben:

  1. Hurrell RF (September 2003). "Influence of vegetable protein sources on trace element and mineral bioavailability", The Journal of Nutrition. 133 (9): 2973S–7S
  2. Davidsson, L., Mackenzie, J., Kastenmayer, P., Aggett, P. J. & Hurrell, R. F. (1996) Zinc and calcium apparent absorption from an infant cereal: a stable isotope study in healthy infants. Br. J. Nutr. 75:291-300
  3. Verghese M., Rao D., Chawan C., Walker L., Shackelford L., Anticarcinogenic effect of phytic acid (IP6): Apoptosis as a possible mechanism of action. LWT Food Science and Technology 2006;39,1093–1098
  4. Somasundar P. Riggs D,. Jackson B., Cunningham C., Vona-Davis L., McFadden D. Inositol hexaphosphate (IP6): a novel treatment for pancreatic cancer. Journal of Surgical Research. 2005;126,199–203
  5. Koréissi-Dembélé Y, Fanou-Fogny N, Moretti D, Schuth S, Dossa RA, Egli I, Zimmermann MB, Brouwer ID: Dephytinisation with intrinsic wheat phytase and iron fortification significantly increase iron absorption from fonio (Digitaria exilis) meals in West African women, 2013
  6. Sandberg AS, Brune M, Carlsson NG, Hallberg L, Skoglund E, Rossander-Hulthen L. Inositol phosphates with different number of phosphate groups influence iron absorption in humans. American Journal of Clinical Nutrition. 1999;70:240–246
  7. Rosalind S. Gibson, Leah Perlas and Christine Hotz. Improving the bioavailability of nutrients in plant foods at the household level. Proceedings of the Nutrition Society 2006:65: 160-168
  8. Egli I., DAVIDSSON L., JUILLERAT M.-A., BARCLAY D., HURRELL R. Phytic Acid Degradation in Complementary Foods Using Phytase Naturally Occurring in Whole Grain Cereals. Journal of Food Science 2003:68(5):1855-1859
  9. Gibson R., Bailey K., Gibbs M., Ferguson E. A Review of Phytate, Iron, Zinc, and Calcium Concentrations in Plant-Based Complementary Foods Used in Low-Income Countries and Implications for Bioavailability . Food and Nutrition Bulletin 2010;31 (2): 134-146
  10. Schlemmer U., Frølich W., Prieto RM., Grases F. Phytate in foods and significance for humans: food sources, intake, processing, bioavailability, protective role and analysis. Molecular Nutrition and Food Research. 2009;53(Suppl 2):330–375.
  11. Hurrell RF, Reddy MB, Juillerat MA, Cook JD. Degradation of phytic acid in cereal porridges improves iron absorption by human subjects. American Journal of Clinical Nutrition. 2003;77(5):1213–9
  12. Egli, I., Davidsson, L., Juillerat, M.A., Barclay, D. and Hurrell, R.F. (2002), The Influence of Soaking and Germination on the Phytase Activity and Phytic Acid Content of Grains and Seeds Potentially Useful for Complementary Feedin. Journal of Food Science, 2002 Vol. 67, Nr. 9.: 3484–3488
  13. N. Rukma Reddy, Shridhar K. Sathe , Reddy Rukma Reddy, Food Phytates, Technomic Pub Co Inc (Dezember 2001) ISBN-10: 1566768675
  14. Inhibitory effect of nuts on iron absorption. American Journal of Clinical Nutrition 1988 47:270-4
  15. smarticular.net/einweichen-keimdauer-nuesse-saaten-huelsenfruechte-phytinsaeure-lektine/
  16. sprossen-selbstgemacht.de/sorten/liste.htm
  17. gundja.de /veganblog /veganblog /veganblog/page15.html
  18. Phytate reduction in oats during malting. Journal of Food Science. July/Aug 1992 57(4):994-997
  19. Effect of traditional fermentation and malting on phytic acid and mineral availability from sorghum (Sorghum bicolor) and finger millet (Eleusine coracana) grain varieties grown in Kenya. Food and Nutrition Bulletin 2002 23(3 supplement)
  20. Effects of processing methods on phytic acid level and some constituents in bambara groundnut and pigeon pea. Food Chemistry 1994 50(2):147-151
  21. westonaprice.org /health-topics /vegetarianism-and-plant-foods /living-with-phytic-acid/
  22. Brian Hetrich: Growing Your Own Living Foods: Sprouting The Easy Way; ISBN 978-0692600559 (136 Seiten); 2015.
  23. sprossen-keimlinge de.

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